Kopf­wei­den: Skur­ri­le Kunstwerke

Völlig ausgehöhlte Kopfweiden - und sie leben trotzdem!
Völ­lig aus­ge­höhl­te Kopf­wei­den — und sie leben trotzdem!

Kopf­wei­den sind in der Land­schaft unver­kenn­bar, wenn sie gut gepflegt sind. Sie haben einen dicken Rumpf, und wie ein zer­zaus­ter Haar­schnitt sprie­ßen all­jähr­lich die schnell­wach­sen­den Zwei­ge aus dem meist ziem­lich radi­kal her­un­ter­ge­schnit­te­nen “Kopf”. Frü­her haben Korb­flech­ter die Auf­ga­be über­nom­men, die Kopf­wei­den zu beschnei­den und damit den Roh­stoff zum Kör­be flech­ten gesam­melt. Korb­flech­ter gibt es in Deutsch­land nur noch sehr weni­ge. Ihren Lebens­un­ter­halt kön­nen sie damit nicht bestrei­ten, denn die hand­ge­floch­te­nen Kör­be sind den meis­ten zu teu­er: 30–40 Euro? Dafür, dass es Hand­ar­beit ist, eigent­lich nicht viel. Trotz­dem wer­den die bil­li­ge­ren Kör­be der pol­ni­schen Korb­flech­ter — wo es sie noch zahl­rei­cher gibt — vor­ge­zo­gen. Oder Bil­lig­wa­re aus Asien.

ein vom Blitz getroffener Baum mit Brandspuren.
ein vom Blitz getrof­fe­ner Baum mit Brandspuren.

Damit wird auch eine Chan­ce für unse­re Land­schafts­pfle­ge ver­tan. Kopf­wei­den müs­sen auf­grund ihres sehr wei­chen Hol­zes, regel­mä­ßig gepflegt, d.h. geschnit­ten wer­den. Wenn nicht, dann ent­ste­hen sol­che bizar­ren Kunstwerke.

Ein Hund?
Ein Hund?

Beim genaue­ren Betrach­ten der Rin­de sind sogar Tie­re wie zum Bei­spiel die­ser Kopf zu sehen. Das Bemer­kens­wer­te ist für mich, dass die Kopf­wei­den trotz feh­len­den Stam­mes immer noch wei­ter­sprie­ßen — ein Zei­chen unbän­di­ger Vita­li­tät. Wer­den Wei­den­zwei­ge zu Ostern ins Was­ser gestellt, trei­ben rasch Wur­zeln aus. Auch ein Grund, wes­halb bei den Alt­vor­de­ren Wei­den­ge­wäch­se (Sali­caceae) in Mythen und Legen­den einen beson­de­ren Stel­len­wert inne hatten.

Gepflegte Kopfweiden im Sommer.
Gepfleg­te Kopf­wei­den im Sommer.

Der geweih­te Baum der grie­chi­schen Göt­tin Deme­ter war die Wei­de. Die Drui­den der Kel­ten fei­er­ten zur Zeit der Wei­den­blü­te das Fest der Wie­der­ge­burt der Natur. Sie steck­ten Wei­den­zwei­ge in die Erde, als sym­bo­li­schen Akt der Erhal­tung der Frucht­bar­keit (1). Lan­ge bevor die Sali­cyl­säu­re ent­deckt wur­de, ver­wen­de­ten Hei­ler wie Dio­s­ku­r­i­des (Arz­nei­mit­tel­leh­re des Dio­s­ku­r­i­des) , Hippo­kra­tes oder Hil­de­gard von Bin­gen die Wirk­stof­fe der Wei­de als wund­hei­len­de, zusam­men­zie­hen­de Arznei.

(1) Strass­mann, Rena­to: Baum­heil­kun­de. Heil­kraft, Mythos und Magie der Bäu­me. AT Ver­lag, Aar­au, Schweiz, 2006.

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