Das kleine Immergrün (Vinca minor) blüht im April und Mai. Der lateinische Name “Vinca” kommt von “vincere=besiegen”. Was immer die Alten besiegt haben, der Name verweist auf ein sehr geschätzes Heilkraut. Autoren von mittelalterlichen Kräuterbüchern empfahlen das kleine Immergrün gegen Kopfschmerzen, Schwindel oder Gedächtnisstörungen. In der moderen Pflanzenheilkunde wurde es nicht mehr eingesetzt, bis sich Ärzte in den 60iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts damit beschäftigten.
Ein Wirkstoff Vincamin, ein Alkaloid, konnte nämlich in seiner chemischen Struktur geklärt werden. Es zeigte sich, dass Vinicamin eine kreislauffördernde Substanz hatte. Dann wurden außerdem seine Wirkungen auf eine verbesserte Hirndurchblutung erforscht. Verschiedene Präparate mit der Hauptanwendung rund um Gedächtnisschwäche, Verhaltensstörungen und auch Gefühlsstörungen, die im Zusammenhang mit einem gestörten Hirnstoffwechsel standen, wurden entwickelt und auf den Markt gebracht. Rudolf Fritz Weiß, Nestor der Pflanzenheilkunde, beschrieb in seinem Lehrbuch der Phytotherapie noch genauestens die Wirksamkeit dieser Präparate.[1]
Seit 2005 sind vincaminhaltige Fertigarzneimittel nicht mehr in Deutschland zu haben. Grund: Der therapeutische Nutzen bei Hirnleistungsstörungen gilt als unzureichend belegt. In der Schweiz darf das Arzneimittel Oxygeron® noch verschrieben werden bei Schwindel, Ohrensausen, Sehstörungen und zur Förderung des Stoffwechsels im Gehirn.
Das kleine Immergrün ist eine bodenbedeckende Pflanze. Sie wächst in unseren heimischen Wäldern, gerne auch in Buchenwäldern oder als Bodenbedecker in Gärten. Sie gehört zur Familie der Hundsgiftgewächse (Apocynaceae).
[1] Weiß, R W: Lehrbuch der Phytotherapie (7. überarbeitete Auflage). Hippokrates Verlag, Stuttgart, 1991.
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