Zusam­men­hang von Ernäh­rung, Darm­träg­heit und Verstopfung

Wie mit Gebetsmühlen immer wiederholte Aussagen können trotzdem falsch sein
Wie mit Gebets­müh­len immer wie­der­hol­te Aus­sa­gen kön­nen trotz­dem falsch sein.

Fal­sche Ernäh­rung“ ist kei­ne Ursa­che von Ver­stop­fung, dar­in sind sich alle medi­zi­nisch-wis­sen­schaft­li­chen Exper­ten einig. Die ein­zi­gen Aus­nah­men sind „faser­ar­me Kost“ und/oder „ver­rin­ger­te Flüs­sig­keits­auf­nah­me“, die im Zusam­men­hang mit Ver­stop­fung ste­hend kön­nen, aber nicht müs­sen [1]. Damit bricht die Grund­la­ge für end­los wie­der­hol­te „Beratungs“-Informationen in Pres­se, Funk, Fern­se­hen, Inter­net oder Rat­ge­ber-Büchern zusam­men. Eine fal­sche Aus­sa­ge wird eben nicht rich­ti­ger, wenn sie tau­send­fach wie­der­holt wird! Ernäh­rung spielt also kei­ne Rol­le bei der Ent­ste­hung der Darmträgheit.

Ach­tung: Die ent­täu­schen­den Wir­kun­gen belie­bi­ger Bal­last- oder Faser­stof­fe in den meis­ten Ver­stop­fungs-Stu­di­en gel­ten für die Bal­last­stoff-Grup­pe als Gan­zes. Nicht aber für den spe­zi­el­len Bal­last­stof­fe Inu­lin aus Weg­war­ten-Wur­zel (wie in Flo­ra­glück®). Die­ser prä­bio­ti­sche, für Men­schen unver­dau­li­che Pflan­zen­spei­cher­stoff ent­fal­tet eine hohe Wirk­sam­keit bei vie­len For­men von chro­ni­scher Darm­träg­heit und Ver­stop­fung. Ein­fach wegen sei­ner enorm heil­sa­men Wir­kun­gen auf die Darm­bak­te­ri­en. Bal­last­stoff ist eben nicht Bal­last­stoff! Damit sind die Ernäh­rungs­in­for­ma­tio­nen hier bei Floraglueck.de – eigent­lich – bereits beendet.

Wer den­noch wei­ter­le­sen möch­te, fin­det nach­fol­gend, teil­wei­se etwas „wis­sen­schaft­li­cher“ for­mu­liert, Aus­sa­gen aus Sach- und Fach­bü­chern für Medi­zin und Ernäh­rungs­wis­sen­schaft zum The­ma Ernäh­rung und Dau­er-Ver­stop­fung (chro­ni­sche Obs­ti­pa­ti­on). Alle nach­fol­gend zitier­ten Tex­te wur­den – bis auf die Unter­strei­chun­gen, Aus­las­sun­gen […] und Wort­er­klä­run­gen in ecki­gen [Klam­mern] – nicht verändert.

aus: Hans Kon­rad Bie­sal­ski, Ste­phan C. Bisch­off, Chris­toph Puch­stein: Ernäh­rungs­me­di­zin — Nach dem neu­en Cur­ri­cu­lum Ernäh­rungs­me­di­zin der Bun­des­ärz­te­kam­mer. Thie­me, Stutt­gart, 2010 (Buch bei Ama­zon bestel­len).

[…]
Chro­ni­sche Obstipation

Schät­zungs­wei­se jeder fünf­te Deut­sche lei­det zumin­dest zeit­wei­se an Obs­ti­pa­ti­on. […] Diver­se Grund­er­kran­kun­gen sind durch das Sym­ptom Ver­stop­fung gekenn­zeich­net. Obs­ti­pa­ti­on kann aber auch eine Neben­wir­kung zahl­rei­cher Medi­ka­men­te sein. Oft ist jedoch kei­ne Ursa­che erkenn­bar. Die Obs­ti­pa­ti­on ist dann funk­tio­nel­ler Natur. Gera­de die funk­tio­nel­le Obs­ti­pa­ti­on schafft Raum für Spe­ku­la­tio­nen, z. B. ob die Obs­ti­pa­ti­on ein Ernäh­rungs- oder Life­­style-Phä­­no­­men ist. […]

Bal­last­stof­fe und Trink­men­ge. Es ist belegt, dass ein Man­gel an Bal­last­stof­fen (und) eine zu gerin­ge Trink­men­ge […] die Ursa­che von Ver­stop­fung sein kön­nen. Eine Stu­die, an der über 60.000 Frau­en zwi­schen 36 und 61 Jah­ren teil­nah­men, ergab, dass die­je­ni­gen Frau­en mit einem hohen Bal­last­stoff­an­teil in der Nah­rung sel­te­ner an Obs­ti­pa­ti­on lei­den als Frau­en mit einer gerin­gen Bal­last­stoff­auf­nah­me. Ande­re Stu­di­en zei­gen aber, dass Pro­ban­den mit Obs­ti­pa­ti­on häu­fig genau­so vie­le Bal­last­stof­fe auf­neh­men wie nicht obs­ti­pier­te Per­so­nen. Pati­en­ten mit Obs­ti­pa­ti­on neh­men oft weni­ger Mahl­zei­ten ein als Kon­troll­per­so­nen ohne Ver­stop­fung. Der Kalo­rien­ge­halt der Nah­rung ist häu­fig gerin­ger und der Pro­te­in­ge­halt höher.

Bal­last­stoff­man­gel kann also ein Fak­tor sein, der zur Ver­stop­fung bei­trägt, eine bal­last­stoff­ar­me Kost ist aber nicht gene­rell für Obs­ti­pa­ti­on ver­ant­wort­lich. Ein Mehr an Bal­last­stof­fen hilft vor allem Pati­en­ten mit einem tat­säch­li­chen Man­gel an Bal­last­stof­fen, muss aber nicht immer effek­tiv sein. Eben­so ver­hält es sich mit der täg­li­chen Flüs­sig­keits­auf­nah­me. Ein erwach­se­ner Mensch soll­te täg­lich etwa 2–3 l Flüs­sig­keit auf­neh­men. Reicht die Flüs­sig­keits­auf­nah­me nicht aus, kommt es zu einer Dehy­drat­a­ti­on. Die­se kann mit har­ten, schmerz­haf­ten und sel­te­nen Stuhl­gän­gen einhergehen.

Hin­weis für die Praxis
• Das Auf­fül­len der kör­per­ei­ge­nen Flüs­sig­keits­res­sour­cen ist ein kon­kre­ter The­ra­pie­an­satz bei Obs­ti­pa­ti­on und ver­min­der­ter Flüs­sig­keits­auf­nah­me. Trin­ken über die emp­foh­le­ne Tages­flüs­sig­keits­men­ge hin­aus hat aber bewie­se­ner­ma­ßen kei­ne Aus­wir­kun­gen auf Beschaf­fen­heit und Fre­quenz des Stuhl­gangs.

Kuh­milch­ver­zicht bei Kin­dern. Bei Kin­dern wur­de ein Zusam­men­hang zwi­schen dem Kuh­milch­ver­zehr und dem Auf­tre­ten von Obs­ti­pa­ti­on gefun­den. Bei man­chen Kin­dern lässt sich die Obs­ti­pa­ti­on allein durch den Ver­zicht auf Kuh­milch lindern. […]

Medi­ka­men­te und Pro­bio­ti­ka. Die Behand­lung der chro­ni­schen Obs­ti­pa­ti­on erfor­dert neben gesun­der Ernäh­rung und Lebens­füh­rung viel­fach auch Laxan­zi­en [Abführ­mit­tel]. Als Mit­tel der ers­ten Wahl gel­ten je nach Ursa­che der Obs­ti­pa­ti­on Bal­last­stof­fe [wie Flo­ra­glück], osmo­tisch wirk­sa­me Sub­stan­zen [wie Flo­ra­glück], Poly­ethy­len­gly­ko­le und [bestimm­te Medikamente]. […]

aus: Micha­el M. Kochen: Dua­le Rei­he — All­ge­mein­me­di­zin und Fami­li­en­me­di­zin. Thie­me, Stutt­gart, 2006 (Buch bei Ama­zon bestel­len).

[…] Ernäh­rung bei Verstopfung

Eine faser­rei­che Kost wird emp­foh­len; es gibt aber nur wenig vali­de Daten zu ihrem Effekt. So erhöht faser­rei­che Kost die Stuhl­men­ge, das Stuhl­ge­wicht und beschleu­nigt die Stuhl­tran­sit­zeit. Der Ein­satz ist eher pro­phy­lak­tisch sinn­voll. Im Rah­men einer bestehen­den Obs­ti­pa­ti­on könn­te sich die Sym­pto­ma­tik ohne ver­mehr­te Flüs­sig­keits­zu­fuhr eher noch ver­schlech­tern. All­ge­mei­ne Ernäh­rungs­hin­wei­se sind in [der fol­gen­den] Tabel­le dargestellt.

Tabel­le: All­ge­mei­ne Ernäh­rungs­hin­wei­se für Pati­en­ten zur Rege­lung von Ver­dau­ungs­stö­run­gen bei hart­nä­cki­ger Obstipation
• Reich­lich Flüs­sig­keits­zu­fuhr über den gesam­ten Tag, d. h. wenigs­tens 1,5 l rei­ne Trink­flüs­sig­keit, bes­ser 2 l. Es emp­fiehlt sich, die­se Trink­men­ge bereits mor­gens als Erin­ne­rung zurechtzustellen.
• Mor­gens nüch­tern aus dem Kühl­schrank: 2 Glas Oran­gen­saft oder 1/4 l But­ter­milch oder 2 Glas Was­ser (ohne Kohlensäure)
Nah­rungs­mit­tel, die den Stuhl­gang för­dern:

• Gemü­se z. B. Blu­men­kohl, Rosen­kohl, Gur­ken, Karot­ten, Kohlrabi
• Getrei­de z. B. Müs­li oder 3 Ess­löf­fel Wei­zen­kleie und/oder 3 Ess­löf­fel Lein­sa­men über den Tag ver­teilt in Kefir oder Joghurt
• Obst z. B. Äpfel, Rha­bar­ber, rohe und gekoch­te Früch­te, Apfelsinen
• Tro­cken­obst 6 Pflau­men oder 3 Fei­gen mor­gens ein­ge­weicht, abends eingenommen
[…]

aus: Ste­pha­nie Barth: BASICS Ernäh­rungs­me­di­zin. Urban & Fischer, Mün­chen, 2009 (Buch bei Ama­zon bestel­len).

[…] Obs­ti­pa­ti­on
Ein­fluss von Ballaststoffen

Unab­hän­gig von dem Vor­lie­gen einer Obs­ti­pa­ti­on sind Stuhl­ge­wicht und -volu­men (inner­halb phy­sio­lo­gi­scher Gren­zen) umso grö­ßer und die intesti­na­le Pas­sa­ge­zeit umso klei­ner, je grö­ßer die zuge­führ­te Bal­last­stoff­men­ge ist. Dies liegt zum einen am Eigen­ge­wicht der Bal­last­stof­fe und zum ande­ren dar­an, dass die Stof­fe osmo­tisch Flüs­sig­keit bin­den und durch ihre Fer­men­ta­ti­on das Wachs­tum von Bak­te­ri­en im Darm ange­regt wird. Dar­über hin­aus wer­den bei der Fer­men­tie­rung der Bal­last­stof­fe kurz­ket­ti­ge Fett­säu­ren gebil­det, die die Peris­tal­tik des Darms erhöhen.

Ernäh­rungs­the­ra­pie

Die Mei­nun­gen über die Wirk­sam­keit einer The­ra­pie mit Bal­last­stof­fen gehen aus­ein­an­der. Bis­her konn­te nur bei der Hälf­te der behan­del­ten Pati­en­ten eine Bes­se­rung der Sym­pto­me durch die Gabe von Bal­last­stof­fen [wie Flo­ra­glück] bewie­sen wer­den. Aner­kannt ist eine bal­last­stoff­rei­che Ernäh­rung zur The­ra­pie einer leich­ten Obs­ti­pa­ti­on und zur Pro­phy­la­xe. Eine The­ra­pie mit Bal­last­stof­fen kann bei­spiels­wei­se in der täg­li­chen Gabe von 5–10 g Wei­zen­kleie (1–2 Ess­löf­fel), die nach 1–2 Wochen auf 20–30 g erhöht wird, bestehen. Beson­ders am Anfang kann die­se The­ra­pie mit Völ­le­ge­fühl und Mete­o­ris­mus (Bläh­sucht) ein­her­ge­hen. Bei hoher Zufuhr von Bal­last­stof­fen kann es zu einer Ver­min­de­rung der Auf­nah­me von Vit­ami­nen und Mine­ra­li­en kom­men. Bal­last­stof­fe sind nicht frei von Neben­wir­kun­gen. Eine bal­last­stoff­rei­che Diät ist bei Darm­ob­struk­tio­nen kon­tra­in­di­ziert. Wenn Defä­ka­ti­ons­stö­run­gen bestehen, Pati­en­ten immo­bil sind, zu wenig Flüs­sig­keit auf­ge­nom­men wird oder neu­ro­lo­gi­sche Krank­hei­ten wie auto­no­me Neu­ro­pa­thien vor­lie­gen, hat eine bal­last­stoff­rei­che Ernäh­rung wenig Nutzen. […]

aus: Man­fred J. Mül­ler: Ernäh­rungs­me­di­zi­ni­sche Pra­xis. Metho­den — Prä­ven­ti­on — Behand­lung. Sprin­ger, Hei­del­berg, 2007 (Buch bei Ama­zon bestel­len).

[…] Bal­last­stoff­rei­che Kost

Indi­ka­tio­nen [Anwen­dungs­be­rei­che]. Obs­ti­pa­ti­on (Stuhl­fre­quenz 2‑mal/Woche) […] Defi­ni­ti­on. Die Kost hat einen hohen Bal­last­stoff­an­teil von über 30 g/Tag (>15 g/1000 kcal) unter Bevor­zu­gung zel­lu­­lo­­se- und hemi­zel­lu­lo­se­hal­ti­ger Nah­rungs­mit­tel (Voll­korn­er­zeug­nis­se). Gemü­se über­wie­gend als Roh­kost, Frisch­obst, Tro­cken­früch­te. Sie ver­mei­det stark blä­hen­de (Hül­sen­früch­te, fri­sches Brot) sowie stop­fen­den Nah­rungs­mit­teln (z. B. Bana­ne, Scho­ko­la­de, Rot­wein). Die Nähr­stoff­re­la­ti­on ent­spricht der Vollkost.

Zie­le. Lin­de­rung der Beschwer­den, Stuhl­fre­quenz min­des­tens 3- bis 4‑mal/Woche, Ver­bes­se­rung der Stoffwechsellage.

Anmer­kung. Obs­ti­pa­ti­on ist durch anstrengende/schwierige Ent­lee­rung (bei >25% der Stuhl­gän­ge), fes­tem Stuhl (>25%), das Gefühl der unvoll­stän­di­gen Ent­lee­rung (>25%), digi­ta­le Ver­su­che der Ent­lee­rung (>25%) und 3 Stuhl­gän­gen pro defi­niert. Vor Ein­lei­tung einer diä­te­ti­schen Maß­nah­me ist eine Abklä­rung (bei Pati­en­ten 50 Jah­re: Rek­to­sig­mo­ido­sko­pie; >50 Jah­re Colo­sko­pie) abso­lut not­wen­dig. Bal­last­stof­fe sind die Antei­le pflanz­li­cher Zel­len, wel­che nicht ver­daut wer­den kön­nen. Bal­last­stoff­kom­po­nen­ten sind Zel­lu­lo­se, Hemi­zel­lu­lo­se, Pek­ti­ne, Lignin, Schleim­stof­fe. Zur Wirk­sam­keit ver­schie­de­ner Bal­last­stof­fe sie­he ?Tab. 2.52, zu Bal­last­stoff­quel­len und ‑gehalt aus­ge­wähl­ter Lebens­mit­tel sie­he ?Tab. 2.53–2.56). Bei einer aus­ge­wo­ge­nen Ernäh­rung wer­den bis zu 1/3 der Bal­last­stof­fe als lös­li­che Sub­stan­zen zuge­führt. Brot und Back­wa­ren sind bal­last­stoff­reich, wenn sie >6 g/100 g ent­hal­ten. Die Bal­last­stof­fe soll­ten je zur Hälf­te in Form von Getrei­de sowie Obst und Gemü­se ein­ge­rech­net wer­den. Bal­last­stoff­zu­sät­ze in Brot und Müs­li sind mög­lich. Nicht vor­ge­se­hen sind Zusät­ze von Kleie und Bal­last­stoff­prä­pa­ra­ten sowie Lein­sa­men und Laxantien.

Bal­last­stoff­prä­pa­ra­te. Bal­last­stoff­prä­pa­ra­te dür­fen nur bei medi­zi­ni­schen Indi­ka­tio­nen und unter ärzt­li­cher Über­wa­chung gege­ben wer­den. Bei Gabe von Bal­last­stoff­prä­pa­ra­ten ist beson­ders auf eine aus­ge­wo­ge­ne Ernäh­rung zu ach­ten. Der Bal­last­stoff­an­teil kann bei indi­vi­du­el­ler Tole­ranz wei­ter gestei­gert wer­den. Der Zusatz von grob gemah­le­ner Wei­zen­kleie ist stu­fen­wei­se, begin­nend mit 5 g/Tag auf maxi­mal 20–30 g/Tag zu stei­gern. Wei­zen­kleie ent­hält 40 g Ballaststoffe/100 g, wovon 40–50% bak­te­ri­ell abge­baut werden. […]

Pro­ble­me. Bei Ein­nah­me von Bal­last­stof­fen bzw. Bal­last­stoff­prä­pa­ra­ten ist auf eine reich­li­che Flüs­sig­keits­zu­fuhr (>2 l/Tag) zu ach­ten. Eine sehr bal­last­stoff­rei­che Kost kann mit Ver­lus­ten von Mine­ral­stof­fen und Spu­ren­ele­men­ten (Cave: Kal­zi­um, Eisen, Zink) im Stuhl einhergehen.

Eine Bal­last­stoff­zu­fuhr in einer Höhe >50 g/Tag ist ohne nach­weis­ba­ren Effekt und wird von den Pati­en­ten nicht tole­riert (Übel­keit, Fla­tu­lenz, Blä­hung). Pro­ble­me wer­den häu­fig zu Beginn der Umstel­lung auf eine bal­last­stoff­rei­che Ernäh­rung beob­ach­tet. Prak­ti­sche Emp­feh­lun­gen für die Kostumstel­lung sind, zuerst Voll­korn­brot und unge­schäl­ten Reis ver­mehrt zu ver­zeh­ren, danach stu­fen­wei­se Roh­kost, Obst, und Hül­sen­früch­te ein­zu­füh­ren, bei Kuchen nach und nach Voll­korn­mehl ver­wen­den, Küm­mel, Anis, und Fen­chel­sa­men als Streu­wür­ze und zusätz­lich als Tee erhö­hen die Bekömm­lich­keit. Die Kom­bi­na­ti­on von stark zucker­hal­ti­gen Lebens­mit­teln und Voll­korn­spei­sen wird von man­chen Men­schen schlecht ver­tra­gen. Des­halb soll­te zunächst auf Süßig­kei­ten, stark gesüß­te Geträn­ke, usw. ver­zich­tet werden.

Medi­ka­men­te. Wirk­grup­pen und Prin­zi­pi­en von Abführ­mit­teln (Laxan­ti­en) sind in ?Tab. 2.57 dar­ge­stellt. Die Medi­ka­men­te wir­ken unter­schied­lich und erhö­hen das Stuhl­vo­lu­men (Bal­last­stoff­prä­pa­ra­te) bzw. wir­ken osmo­tisch (nicht resor­bier­ba­re Koh­len­hy­dra­te oder z. B. Magne­si­um­hy­dr­o­xid) oder sti­mu­lie­rend (wie z. B. Anthrach­i­no­ne). Prak­ti­sche Hin­wei­se zur Abklä­rung und Behand­lung eines obs­ti­pier­ten Pati­en­ten ?Tab. 2.58 zu entnehmen.

Tab. 2.52. Wir­kung und geziel­ter Ein­satz von Bal­last­stof­fen in der Ernährung

Bal­last­stof­fe

Effekt

Indi­ka­ti­on

Unlös­lich
z. B. Zel­lu­lo­se, Hemic­el­lu­lo­se (Lignin)

Stuhl­vo­lu­men ?
Kurz­ket­ti­ge Fettsäuren ?

Ver­stop­fung, Diver­ti­ku­li­tis, Hämorrhoiden

Lös­lich
z. B. Hemi­zel­lu­lo­se, Pek­ti­ne, ß‑Glukane

Dünn­darm­pas­sa­ge ?, Resorp­ti­on ver­zö­gert, kurz­ket­ti­ge Fettsäuren ?

Dia­be­tes mel­li­tus 1, Fett­stoff­wech­sel­stö­rung, Dumping-Syndrom

1 Belegt für Guar und iso­lier­tes Pektin.

Tab. 2.53. Bal­last­stoff­quel­len in der Nahrung

Zel­lu­lo­se

Kohl

Boh­nen

Wur­zel­ge­mü­se

Voll­korn­pro­duk­te

Kleie

Hemi­zel­lu­lo­se

Kleie

Cerea­li­en

Voll­korn­pro­duk­te

Lignin

Kleie

Pek­tin

Äpfel

Zitrus­früch­te

Erd­bee­ren

Gemü­se

ß‑Glukane

Hafer­mehl

getrock­ne­te Bohnen

Tab. 2.54. Bal­last­stoff­ge­halt ver­schie­de­ner Lebensmittel.

 

Gehalt pro 100 ga

Hül­sen­früch­te

3–12 g

Voll­korn­brot

5–10 g

Knä­cke­brot

4–12 g

Müs­li

5–9 g

Teig­wa­ren

3–8 g

Gemü­se

3–10 g

Obst

4–7 g

a Anga­ben bezo­gen auf den ess­ba­ren Anteil unter Berück­sich­ti­gung der Ver­lus­te durch die Zube­rei­tung. Daten­ba­sis: Bun­des­le­bens­mit­tel­schlüs­sel. Die Daten wur­den aufgerundet.

Tab. 2.55. Bal­last­stoff­ge­halt aus­ge­wähl­ter Lebens­mit­tel pro Portionsgröße

=0,5 g

Äpfel (ohne Scha­le), Apri­ko­sen, Toma­ten, Reis, Spa­ghet­ti, Cornflakes

0,6–1,0 g

Oran­gen, Pflau­men, Blu­men­kohl, Kohl­ra­bi, Soja­spros­sen (gekocht)

1,1–2,0 g

Äpfel, getrock­ne­te Pflau­men, Chi­co­ree, Soja­spros­sen (roh)

2,1–3,0 g

Boh­nen, Erb­sen, Voll­korn­nu­deln, Birnen

>3,1 g

Sta­chel­bee­ren, Grau­pen, Lin­sen, Kleie

Tab. 2.56. Bal­last­stoff­ar­me und bal­last­stoff­rei­che Ernäh­rung (eine Auswahl)

Bal­last­stoff­arm

Bal­last­stof­fe (g/d)

Bal­last­stoff­reich

Bal­last­stof­fe (g/d)

100 g Weißbrot

2,2

200 g Vollkornbrot

15,2

100 g Mischbrot

4,2

100 g Kartoffeln

1,7

100 g Kartoffeln

1,7

200 g Kartoffeln

5,2

200 g Kartoffeln

5,2

60 g Tomaten

0,8

60 g Tomaten

0,8

200 g Orangen

5,8

150 g Orangen

4,4

200 g Äpfel

4,6

60 g Kuchen

0,5

200 g Rosenkohl

13,0

200 g Dicke Bohnen

13,0

   

Sum­me

19,0

Sum­me

53,7

Tab. 2.57. Wirk­prin­zip und Über­sicht der Laxan­ti­en (Abführ­mit­tel). (aus Mutsch­ler, 1996>

 

Han­dels­na­me (Bei­spie­le)

Quell­stof­fe

Lein­sa­men, Floh­sa­men, Wei­zen­kleie, Bassorin

Agio­cur, Metamucil

Osmo­tisch wirk­sa­me Laxantien

Sali­ni­sche Abführmittel
Magnesium
Natriumsulfat
Zucker­al­ko­ho­le, Zucker
Mannit
Sorbit
Laktilol
Laktose
Laktulose

Bit­­ter- und Glaubersalz
Importal
Bifi­te­ral, Lactuflor

Anti­re­sorp­tiv und hyd­r­agog wir­ken­de Laxantien

Rizi­nus­öl
Anthraglykoside
Anthra­gly­ko­si­de und Quellstoffe
Bisa­co­dyl, Natriumpicosulfat

Laxo­pol
Colo­norm, Liqui­de­pur, Neda,
Kräuterlax
Agio­lax, Normacol
Dul­co­lax, Flo­ri­san, Dul­co­lax NP

Gleit­mit­tel

Par­af­finum subliquidum
Docusat-Natrium

In Tir­gon enthalten

Sub­stan­zen mit Wir­kung auf den Defäkationsreflex

Sor­bit
Glyzerin

Baby­lax, Gly­ci­lax, Mikroklist

Tab. 2.58. Cha­rak­te­ri­sie­rung und Behand­lung von Obstipation

Defi­ni­ti­on und Dia­gnos­tik der chro­ni­schen Obstipation

Behand­lung der Obstipation

Geeig­ne­te Lebens­mit­tel bei Obstipation

Unge­eig­ne­te Lebens­mit­tel bei Obstipation

- Aus­schluss steno­sie­ren­der Pro­zes­se sowie einer sys­te­mi­schen Erkrankung
— Defi­ni­ti­on der habi­tu­el­len bzw. funk­tio­nel­len Obstipation:
— Defä­ka­ti­on nur durch Pres­sen möglich
— Gefühl der unvoll­stän­di­gen Darmentleerung
— Stuhl­gang zu hart, zu wenig, zu sel­ten (2–3mal/Woche)
— Objektivierung/Abklärung:
— Stuhlgewicht
— Stuhlfrequenz
— Transitzeit
— (Rek­­to-/ Sig­mo­ido­sko­pie?, Koloskopie?)

- Ernäh­rung: Bal­last­stoff­rei­che Kost (mind. 30 g, Cave: 50 g/Tag sind ohne wei­te­ren Effekt), Sau­er­milch­pro­duk­te mit laxie­ren­der Wirkung.
— Bei Laxan­ti­enab­usus stu­fen­wei­se Reduk­ti­on der Medi­ka­men­te und Stei­ge­rung des Ballaststoffanteils.
— Wenn kei­ne Ernäh­rungs­um­stel­lung mög­lich ist: Bal­last­stoff­prä­pa­ra­te bei gleich­zei­tig hoher Flüs­sig­keits­zu­fuhr (>2 l/Tag), z. B. 20–30 g Wei­zen­kleie (=2–3 gehäuf­te Ess­löf­fel) mor­gens in Frucht­saft evtl. mit 1 Ess­löf­fel Milch­zu­cker gesüßt oder 3mal 10 g Weizenkleie/Tag 25 g Lein­sa­men (=Ess­löf­fel) als Schleimsuppe

- Geträn­ke: Kaf­fee, But­ter­milch, Kefir, Obstsäfte
— Cerea­li­en: Hafer­flo­cken, Müs­li, Corn­flakes, Voll­korn­brot, Schrotbrot
— Kartoffeln
— Gemü­se: Als Roh­kost, wenig Zwie­beln und Hül­sen­früch­te, Sauerkraut
— Obst: Alle Sor­ten (außer Bananen)
— Fisch, Fleisch, Wurst­wa­ren, Eier: Nicht so reichlich

- Weiß­brot, hel­le Brot­sor­ten, Fein­ge­bäck, Kuchen
— Teig­wa­ren, Mehl­spei­sen, Süßwaren
— Hül­sen­früch­te, Grün­kohl, Weißkohl
— Fleisch, Fisch, Wurst­wa­ren, Eier in gro­ßen Mengen
— Schwar­zer Tee, Kakao, Rotwein

aus: Deut­sche Gesell­schaft für Gas­tro­en­te­ro­lo­gie, Ver­­­dau­ungs- und Stoff­wech­sel­krank­hei­ten (DGVS), Deut­sche Gesell­schaft für Neu­ro­gas­tro­en­te­ro­lo­gie und Moti­li­tät (DGNM): Aktua­li­sier­te S2k-Lei­t­­li­­nie chro­ni­sche Obs­ti­pa­ti­on. Regis­ter­num­mer 021–019. Stand: 31.10.2021 , gül­tig bis 30.10.2026.

[…] State­ment 2–1
(Star­ker Konsens)

Asso­zia­tio­nen zwi­schen Obs­ti­pa­ti­on und faser­ar­mer Kost, ver­rin­ger­ter Flüs­sig­keits­auf­nah­me, man­geln­der Bewe­gung und Unter­drü­ckung des Defä­ka­ti­ons­rei­zes sowie abrup­ter Ände­run­gen der Lebens­um­stän­de wur­den in der Lite­ra­tur beschrie­ben. Ein direk­ter kau­sa­ler Zusam­men­hang ist jedoch nicht belegt.

Kom­men­tar
Die auf­ge­führ­ten Fak­to­ren wer­den häu­fig als tra­dier­te Ursa­chen einer Obs­ti­pa­ti­on ange­se­hen, las­sen sich durch evi­denz­ba­sier­te Daten jedoch nicht bestä­ti­gen […]. So haben Ver­glei­che zwi­schen Obs­ti­pier­ten und Gesun­den gezeigt, dass kei­ner der Fak­to­ren zwangs­läu­fig zur Obs­ti­pa­ti­on bzw. zur deut­li­chen Bes­se­rung der Beschwer­den nach deren Behe­bung führt […]. Viel­mehr ist davon aus­zu­ge­hen, dass eine bereits bestehen­de Obs­ti­pa­ti­ons­nei­gung durch die­se Fak­to­ren getrig­gert bzw. kli­nisch evi­dent wird. Zu allen auf­ge­führ­ten Fak­to­ren ist die Stu­di­en­la­ge unein­heit­lich: Faser­ar­me Kost kann einer­seits die Ent­wick­lung einer Obs­ti­pa­ti­on beför­dern, ande­rer­seits wur­den kei­ne Unter­schie­de zwi­schen Obs­ti­pier­ten und Nicht-Obs­­ti­­pier­­ten hin­sicht­lich des Bal­last­stoff­ge­hal­tes der Nah­rung gefun­den. Stu­di­en zur Men­ge der Flüs­sig­keits­zu­fuhr zeig­ten eben­falls wider­sprüch­li­che Ergeb­nis­se. So steht eine ver­rin­ger­te Flüs­sig­keits­zu­fuhr mit dem Auf­tre­ten einer Obs­ti­pa­ti­on zwar im Zusam­men­hang, die Men­ge der Flüs­sig­keits­zu­fuhr kor­re­liert jedoch nicht mit der Häu­fig­keit einer Obs­ti­pa­ti­on […]. In kei­ner Stu­die ließ sich man­geln­de kör­per­li­che Bewe­gung als ein­deu­ti­ger kau­sa­ler Fak­tor für eine Obs­ti­pa­ti­on belegen […].

[… ] The­ra­pie

State­ment 4–1
(?, Star­ker Konsens)

Bal­last­stof­fe („natür­li­che“ und spalt­ba­re lös­li­che) kön­nen Obs­ti­pa­ti­ons­sym­pto­me bes­sern und soll­ten ver­sucht werden.

Kom­men­ta­re
— Der Wirk­sam­keits­nach­weis für die lös­li­chen Bal­last­stof­fe durch Pla­­ze­­bo-kon­­­trol­­lier­­te Stu­di­en ist stär­ker als für natür­li­che Ballaststoffe […]
— Wei­zen­kleie führt bei Nicht-Obs­­ti­­pier­­ten und Obs­ti­pier­ten zu einer Ver­kür­zung der Tran­sit­zeit und zu einer Zunah­me des Stuhl­ge­wichts. Bei Obs­ti­pier­ten war die Wir­kung jedoch gerin­ger [..]. Pati­en­ten mit slow tran­­sit-Obs­­ti­­pa­­ti­on oder Defä­ka­ti­ons­stö­rung spre­chen auf Bal­last­stof­fe schlech­ter an als sol­che ohne nach­weis­ba­re Störung.
— Meh­re­re Stu­di­en legen einen posi­ti­ven Effekt natür­li­cher Bal­last­stof­fe [wie in Flo­ra­glück] nahe […]. Die all­ge­mein emp­foh­le­ne Bal­last­stoff­zu­fuhr von = 30g/die wird aber zumeist nicht erreicht.
Obs­ti­pier­te neh­men nicht weni­ger Bal­last­stof­fe zu sich als Nicht-Obs­­ti­­pier­­te […] aber in einer Kohor­ten­stu­die bei 62.036 Frau­en trat die Obs­ti­pa­ti­on häu­fi­ger bei sehr nied­ri­ger Bal­last­stoff­zu­fuhr auf […].
— Eine Erhö­hung der Bal­last­stoff­zu­fuhr [wie mit Flo­ra­glück] kann den Bedarf an Laxa­ti­va reduzieren […]

State­ment 4–2
(?, Star­ker Konsens)

Bei feh­len­der Wirk­sam­keit und/oder Auf­tre­ten von unan­ge­neh­men Begleit­sym­pto­men soll­ten die Zufuhr von Bal­last­stof­fen redu­ziert und ande­re Maß­nah­men zur Obs­ti­pa­ti­ons­the­ra­pie bevor­zugt werden.

Kom­men­ta­re:
— Bal­last­stof­fe haben oft unan­ge­neh­me Begleit­sym­pto­me wie z. B. Blä­hun­gen und abdo­mi­nel­le Krämpfe.
— Neben­wir­kun­gen tre­ten sowohl bei natür­li­chen (Kleie etc.) wie auch den lös­li­chen Bal­last­stof­fen (Floh­sa­men­scha­len etc.) auf […].
[…]

State­ment 4–3 a
(?, Star­ker Konsens)

Auf eine täg­li­che Trink­men­ge von 1,5–2 Litern soll­te geach­tet werden.

State­ment 4–3 b
(?, Star­ker Konsens)

Eine hier­über hin­aus­ge­hen­de zusätz­li­che Flüs­sig­keits­zu­fuhr hat kei­nen the­ra­peu­ti­schen Effekt und soll­te zur The­ra­pie der Obs­ti­pa­ti­on daher nicht emp­foh­len werden.

Kom­men­tar:
Die Deut­sche Gesell­schaft für Ernäh­rung emp­fiehlt für Erwach­se­ne in Abhän­gig­keit vom Alter eine täg­li­che Flüs­sig­keits­zu­fuhr von 2,25–2,7 l, wovon min­des­tens 1,3–1,5 l über Geträn­ke zuge­führt wer­den soll­ten. Ko-Mor­­bi­­di­­tä­­ten [Begleit­erkran­kun­gen] wie Herz- oder Nie­ren­in­suf­fi­zi­enz sind bei der Flüs­sig­keits­zu­fuhr zu berück­sich­ti­gen. Eine Ver­min­de­rung der Trink­men­ge unter die emp­foh­le­ne Tages­men­ge redu­ziert bei Gesun­den die Stuhl­fre­quenz und ‑men­ge ohne Beein­flus­sung des Colon-Tran­­sits. Ent­spre­chend konn­te bei Jugend­li­chen eine Asso­zia­ti­on zwi­schen einer nied­ri­gen Trink­men­ge und einer nied­ri­gen Stuhl­fre­quenz gefun­den wer­den. Aller­dings ist in den meis­ten Unter­su­chun­gen die Trink­men­ge bei Obs­ti­pier­ten und Kon­trol­len iden­tisch. Bei jedem obs­ti­pier­ten Pati­en­ten soll­te aber im Rah­men der Ana­mne­se die Trink­men­ge abge­fragt wer­den, da meh­re­re Stu­di­en nach­wei­sen konn­ten, dass sich eine Obs­ti­pa­ti­on durch Nor­ma­li­sie­rung der Trink­men­ge bes­sern kann. Kein Effekt auf die Obs­ti­pa­ti­on ist dage­gen bei einer Stei­ge­rung der Trink­men­ge über die emp­foh­le­ne Men­ge hin­aus zu erwar­ten.

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