

Eine Fahrt mit der Rhätischen Bahn in der Schweiz/ Kanton Graubünden ist nicht nur für Flachländer etwas Erlebenswertes. Auch wenn sie eher eine touristische Attraktion zu sein scheint, so wird die Bahn auch von den Schweizern benutzt: Um die Wanderziele in den Alpen zu erreichen beispielsweise. Die Rhätische Bahn bietet unterschiedliche Touren an, wobei jede besondere Reize hat.

Chur ist in Graubünden der Verkehrsknotenpunkt oder besser Bahnhof, von dem viele Rhätische-Bahn-Touren starten. Ich hatte mich aufgrund von Zeitknappheit für Arosa entschieden. Von Chur nach Arosa fährt die Rhätische Bahn nur etwas über eine Stunde. Wenn die Sonne scheint und Weitblick in die Täler oder über die Berge ermöglicht wird, ist die Fahrt wunderschön. Tipp: Im letzten Wagon des Zuges kann ein Fenster heruntergelassen werden. Es ist das einzige von dem aus während der Fahrt Fotos bei offenem Fenster gemacht werden können. Wunderbar ist dabei auch, die Nase in den Wind zu halten. Außerdem wird die Fahrt dadurch unmittelbarer und noch schöner.

Der Zug fährt zunächst eine ganze Weile durch ein enges Tal, dass noch zu Chur gehört, quasi ist eine kleine Stadtfahrt mit inbegriffen. Dann winden sich die Schienen entlang der immer höher werdenden Berge. Der Zug kann teilweise wegen der Steigungen nur sehr langsam fahren. Doch sobald wieder eine enge Bergkurve genommen ist, nimmt die Bahn wieder sofort Fahrt auf. Wälder, Wiesen, Gehöfte gleiten vorüber. Die gegenüberliegenden Berghänge zeigen sich in ihrer Schroffheit und Unnahbarkeit. Auf dem Weg nach Arosa führt eine große Brücke über ein weites Tal. Das Darüberfahren bei offenem Fenster ist etwas für Schwindelfreie.

Arosa ist ein ausgebautes, ehemaliges Bergdorf. Es hat mehrere große Seilbahnen und natürlich jede Menge Skilifte für den Winter. Denn die Hauptsaison ist der Winter. Die Hochlagen Arosas ermöglichen eine lange Ski-Saison. Da dieser Sommer generell viel Regen, Nebel und Kälte mit sich bringt, ist Arosa Anfang Juli nicht gut besucht. Am ersten Tag habe ich jedoch traumhaftes Wetter und begebe mich kurz nach Ankunft gleich auf den Berg “Hörnli”. Eine Seilbahn mit leider geschlossenen Kabinen bringt mich hinauf. Im Sommer können Touristen, die eine Übernachtung in einer Pension oder Hotel gebucht haben, manche Dienste umsonst nutzen. Sogenannte Arosa-Tickets ermöglichen dann kostenlose Fahrten mit den Stadtbussen oder eben mit den Liften.

Die Fahrt in einer solchen Kabine geht leider viel zu schnell. Auf der Fahrt hinauf habe ich gleich drei Murmeltiere gesehen. Beim Überfahren ihrer Eingangshöhlen waren sie gut zu erkennen. Die Tiere waren für den Beginn des Sommers schon erstaunlich dick. Sie haben sich also schon erfolgreich Winterspeck angefuttert. Den brauchen Murmeltiere, denn sie verschlafen den Winter. Diese Murmelis, wie die Schweizer sie nennen, haben sich schlauerweise unterhalb der Lifte angesiedelt. Durch die ständig fahrenden Lifte sind die Tiere tagsüber vor ihren Hauptfeinden geschützt. Nur wenn die Lifte still gelegt sind, überfliegen Adler diese Gegend auf der Suche nach Beute. Adler füttern ihre Jungen mit jungen, unerfahrenen Murmelis.

Auf dem Hörnli angekommen, präsentiert sich ein majestätisches Alpenpanorama. Anfang Juli blühen viele Alpenblumen und übersäen das Grün mit vorwiegend gelben, weissen, blauen, lilanen Farbtupfern.

Auf einigen Bergen liegt noch Schnee. Trotzdem lassen sich die Pflanzen davon nicht beeindrucken — zu kurz ist der Sommer hier oben.

Auch im Sommer fällt in diesen Höhenlagen Schnee. Seit einigen Jahrzehnten soll immer weniger fallen. Das ist ein Problem für die Gletscher, die durch den ungenügenden Schneenachschub abschmelzen. Das Schmelzwasser sucht sich überall über Bäche oder sogar kleine Flüsse einen Weg ins Tal. Manchmal wird das Schmelzwasser in natürlichen Bergseen gesammelt. In einem smaragdfarbenen See wie diesem zum Beispiel, weitleuchtend — ein Traum.

Und überall Blumen, Wildkräuter, Heilpflanzen — hier Wundklee.

oder Enzian (dieser rundblättrige Enzian ist keine Heilpflanze). Vom Hörnli aus gibt es viele Wanderwege in die unterschiedlichsten Richtungen. Die Schweizer, die sich auf Wandertouren begeben, sind immer gut ausgestattet: Wanderschuhe, Wanderstöcke und Rucksäcke, in denen nicht nur Wasser und Proviant ist, sondern auch Kleidung. Denn in den Bergen kann das Wetter sehr schnell umschlagen.

Tatsächlich hat sich am nächsten Tag Arosa in dichten Nebel gehüllt bei dauerhaftem Sprühregen. Der Besuch am Nachmittag im Alpenkräutergarten in einer kleinen Regenpause ist dann doch eher ins Wasser gefallen. Macht nichts. Ich komme bei der nächsten Gelegenheit wieder!
Autorin
• Marion Kaden, Berlin, 19. Juli 2012.
Bildnachweis
• Marion Kaden (mk), Berlin.
• Felipe Giacometti (unsplash.com, gvt7oB7OheU)
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