Neu­es aus der Krebs­me­di­zin 2021: Gin­seng kann Immun­sys­tem signi­fi­kant anregen

Radix ginseng bei BauchspeicheldrüsenkrebsEs gibt wohl kei­ne Heil­pflan­ze, zu der welt­weit mehr wis­sen­schaft­li­che Arbei­ten ver­öf­fent­licht wur­den, als zu dem in Ost­asi­en hei­mi­schen Korea­ni­schen Gin­seng (Panax gin­seng) — es sind mehr als 10.000 Fach­ver­öf­fent­li­chun­gen. Aller­dings: Nur drei von hun­dert Unter­su­chun­gen sind Stu­di­en, die nach den höchs­ten, heu­te gül­ti­gen Kri­te­ri­en die Wirk­sam­keit im Ver­gleich mit Pla­ce­bo und einer Zuord­nung der Pati­en­ten über das Zufalls­prin­zip erfasst haben (“ran­do­mi­sier­te kli­ni­sche Stu­di­en”, RCT). Noch weni­ger die­ser RCTs betref­fen Anwen­dun­gen im Bereich der Krebs­me­di­zin. Einer jetzt vor­ge­leg­te Stu­die soll­te kli­ni­sche Effek­te von korea­ni­schem Rotem Gin­seng, zusam­men mit Che­mo­the­ra­pie nach einer vor­he­ri­gen Krebs-OP ver­wen­det, auf die Immun­funk­ti­on von Pati­en­ten mit Gal­len­gangs- oder Bauch­spei­chel­drü­sen­krebs klä­ren. Die korea­ni­schen For­scher konn­ten zei­gen, dass die Heil­pflan­ze signi­fi­kan­te immun­mo­du­la­to­ri­sche, abwehr­stei­gern­de Effek­te bei der mit Gin­seng behan­del­ten Grup­pe hat.

In die im vor­aus geplan­te und ran­do­mi­siert-kon­trol­lier­te Stu­die wur­den 26 nach­ein­an­der in der Kli­nik zu ope­rie­ren­de Tumor­pa­ti­en­ten ein­ge­schlos­sen, die sich einer Ope­ra­ti­on wegen Gal­len­gangs- oder Bauch­spei­chel­drü­sen­krebs mit dem Ziel einer Krebs­hei­lung unter­zie­hen muss­ten, und die nach der OP eine aggres­si­ve Che­mo­the­ra­pie (Wirk­stof­fe jeweils 5‑Fluorouracil/Leucovorin oder Gem­ci­ta­bin) erhiel­ten. Die Pati­en­ten wur­de 1:1 per Zufalls­prin­zip ent­we­der in eine Grup­pe mit ergän­zen­der Gin­seng- oder eine Kon­trol­legrup­pe mit Pla­ceb­obe­hand­lung zuge­wie­sen. Für die Stu­die wur­den zusätz­lich Immun- und Ent­zün­dungs­mar­ker aus peri­phe­ren Blut­pro­ben wäh­rend und nach der Che­mo­the­ra­pie untersucht.

Ers­te Stu­die zu Gin­seng-Wir­kun­gen bei Krebs

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Vor Beginn und wäh­rend der Che­mo­the­ra­pie zeig­ten sich kei­ner­lei signi­fi­kan­te Unter­schie­de zwi­schen den Grup­pen hin­sicht­lich der unter­such­ten immun­be­zo­ge­nen Para­me­ter. Nach der Che­mo­the­ra­pie war jedoch der Pro­zent­satz an CD4+ T‑Lymphozyten in der Gin­seng-Grup­pe signi­fi­kant höher als in der Kon­troll­grup­pe (42,01% vs. 33,69%, p=0,048). Auch das Ver­hält­nis von CD4+/CD8+ T‑Lymphozyten war in der Gin­seng-Grup­pe war höher (2,03 vs. 1,28, p=0,027). Die Häu­fig­keit eines Man­gels an wei­ßen Blut­kör­per­chen (Neu­tro­pe­nie) und Leber­funk­ti­ons­stö­run­gen als Fol­ge der Che­mo­the­ra­pie unter­schied sich nicht zwi­schen den Grup­pen. Die Autoren sehen in den Ergeb­nis­sen einen kla­ren und deut­li­chen Effekt von Gin­seng auf die erhöh­te Abwehr­fä­hig­keit der Krebspatienten.

Sie beto­nen zudem, dass ihre Stu­die die ers­te wis­sen­schaft­lich-kli­ni­sche Stu­die ist, die bei die­ser Erkran­kung unter zusätz­li­cher Gin­seng­ga­be bemer­kens­wer­te Effek­te zeig­te, und die die Heil­pflan­ze als ein siche­res immun-modu­lie­ren­des Kon­zept für die inte­gra­ti­ve Onko­lo­gie erschei­nen las­sen. In einer Leit­li­nie der US-Ame­ri­ka­ni­schen Krebs­ge­sell­schaft (ASCO) zur inte­gra­ti­ven The­ra­pie bei Brust­krebs wird Gin­seng zur Behand­lung von krebs­as­so­zi­ier­tem Fati­gue emp­foh­len (Lyman GH et al., J Oncol Pract, 2018 Aug;14(8):495–499 (DOI | PMID).

Autor
• Rai­ner H. Buben­zer, Eich­städt bei Ber­lin, 27. August 2021.
Bild­nach­weis
• Man­fred Schüt­ze (pixelio.de, 89946).
Quel­le
• Kim IK, Lee KY, Kang J, Park JS, Jeong J: Immu­­ne-modu­la­­ting Effect of Kore­an Red Gin­seng by Balan­cing the Ratio of Peri­phe­ral T Lym­pho­cytes in Bile Duct or Pan­crea­tic Can­cer Pati­ents With Adju­vant Che­mo­the­ra­py. In Vivo. 2021 May-Jun;35(3):1895–1900 (DOI | PMID).
wei­te­re Infos
Sport und roter Gin­seng: Wirk­sam bei chro­ni­schem Erschöp­­fungs-Syn­­­drom.
Gin­seng für das Abwehr­sys­tem.
• Mono­gra­phie BGA/BfArM (Kom­mis­si­on E): Gin­seng radix (Gin­seng­wur­zel). Bun­des­an­zei­ger 17.1.1991, Heft­num­mer 11 (Ori­gi­nal­text).
• Ger­hard Mad­aus: Lehr­buch der bio­lo­gi­schen Heil­mit­tel: Mono­gra­phie Gin­seng. Thie­me, Leip­zig, 1938 (Ori­gi­nal­text).