Lein-Felder blühen in einem zauberhaften blau. Sie sind jedoch nur noch selten zu sehen, weil Lein oder Flachs (Linum usitatissimum) in Deutschland kaum noch angebaut wird. Sehr schade, denn Lein ist ein Multi-Talent unter den Heilpflanzen.
Aus den Samen (Lini Semen) wird ein hochwertiges Öl hergestellt. Es enthält essentielle Fettsäuren (= nicht vom Menschen herstellbare, mehrfach ungesättigte Fettsäuren), unter anderem alpha-Linolensäure (40–62%) und andere Omega-3-Fettsäuren oder die wertvolle Linolsäure (14–26%). Ein Viertel des Samens besteht aus leicht verdaulichem Eiweiss, darunter auch einige vom Körper nicht selbst herstellbare essentielle Aminosäuren. Leinsamen enthält außerdem wertvolle Mineralstoffe wie Calcium, Phosphor oder Spurenelemente. Doch damit nicht genug: Leinsamen enthalten sekundäre Pflanzenstoffe vor (Phytohormone oder Lignane), denen eine krebsschützende Eigenschaft nachgesagt wird.
Leider ist der Einsatz von Leinöl etwas in Vergessenheit geraten, seitdem nur noch Sonnenblumen- oder vor allem Olivenöl in aller Munde ist. Doch Leinöl eignet sich beispielsweise zum Anmachen von Salaten. Beim Kauf von Leinöl sollte nur eine Kaltpressung in Frage kommen (Reformhaus). Leinöl hat einen Fettgehalt von 30–45 Prozent. Seine Farbe kann von gelblich bis hellgrün variieren. Leinöl ist leicht bitter und hat ein duftendes, blumiges Aroma. Wer Leinöl ausprobiert, kann zunächst mit einer kleinen Menge beginnen, um es auszuprobieren. Nach dem Öffen sollte es im Kühlschrank gelagert und zügig aufgebraucht werden. Es hält sich dort bis zu 14 Tagen.
Leinsamen sind natürliche Abführmittel. Sie sind auch als langfristige Abführmittel einsetzbar. Chemische Abführmittel („Laxantien“) sind wegen ihrer vielfältigen Nebenwirkungen und teilweise schweren Komplikationen hingegen nicht zur Langzeitanwendung bei Verstopfung (Obstipation) geeignet. Leinsamen wirken im Gegensatz dazu in verschiedener Hinsicht: Sie quellen im Darm um ein 2- bis 3‑faches auf und füllen ihn damit auf risikoarme Weise. Die Quellung bewirkt im Dickdarm einen Dehnungsreiz im ausgedehnten „Darm-Gehirn“ („Auerbachscher Plexus“), der wiederum die Richtung Darmausgang führende Eigenbewegung des Darms („Peristaltik“) verstärkt anregt, was dann zum Weitertransport des Darminhaltes und schließlich zur erfolgreichen Ausscheidung führt. Dieser Leinsamen-Effekt wird „natürlich“ genannt. Er bildet biologische Verhältnisse nach: Durch die Auslösung von Dehnungsreizen wird im Dick- und Enddarm der Abtransport stimuliert. Doch Leinsamen tun dem Darm noch mehr Gutes: Sie entwickeln beim Aufquellen einen Pflanzenschleim, der an die Darmumgebung abgegeben wird und für einen weich geformten Stuhl und verbessertes Gleiten im Darm sorgt. Somit helfen Leinsamen doppelt dabei, durch harten Stuhl verursachte schmerzhafte Verstopfung und quälende Toilettengänge vorzubeugen oder zu behandeln. Wie bei allen natürlichen Mitteln wirkt Leinsamen nicht gleich beim ersten Mal. Leinsamen müssen täglich und regelmässig verwendet werden — erst dann zeigen sich die Resultate nach etwa einer Woche.