Dieses Gewächs mit seinen kleinen rot-schwarzen Früchte in meist zarten violetten Blüten, die ährenartig an einem bis zu sechs Meter hoch wachsenden Strauch heranwachsen, ist die Arzneipflanze des Jahres 2022 — der Mönchspfeffer (Keuschlammfrüchte, Vitex agnus castus). Bereits seit der Antike bekannt, ist er heute als pflanzliches Arzneimittel im Bereich der Selbstmedikation beliebt. Dr. Nicole Armbrüster, Expertin beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI), erklärt, dass die meist aus den reifen und getrockneten, pfefferkorngroßen Früchten gewonnenen Inhaltsstoffe den weiblichen Hormonhaushalt regulieren können und wo er zum Einsatz kommt.
Zur Geschichte von Mönchspfeffer (Keusch-Lamm): Die Bezeichnung agnus ist von den griechischen Worten agnos (keusch, rein) und gonos (Nachkommenschaft) abgeleitet und wurde bereits von Dioskurides in Zusammenhang mit der weitverbreiteten Ansicht einer anaphroditischen, also sexualtriebdämpfenden Wirkung gebraucht. Ebenso weist der lateinische Name castus (keusch) auf diese Ansicht hin. Der Strauch galt als Sinnbild der Keuschheit. In der griechischen Antike glaubten die Frauen anfangs noch, dass durch Zweige der Pflanzen, wenn sie sie am Feste der Thesmophorien auf die Erde legten und sich darauf setzten, die Segenskraft der Erde in sie eingehe und sie Mütter würden. Die üppig wachsende Pflanze sollte die Segenskraft verstärken. An diesem Tage mußten die Frauen Verkehr mit Männern meiden. Später dann, auch im Mittelalter, dienten Zubereitungen aus den Früchten als Mittel zur Minderung des Geschlechtstriebes, zur Förderung der Regelblutung sowie des Milchflusses. In einigen südlichen Regionen dienen die Früchte auch als Pfefferersatz, während die scharfen Blätter anstelle von Hopfen dem Bier zugesetzt werden (Hopfen hemmt übrigens ebenfalls den Sexualtrieb, auch in Bier genossen). Die alte Bezeichnung Mönchspfeffer ist auf die eigentliche Funktion der Heilpflanze bezogen falsch: Die Mönche sollten nicht irgendwohin Pfeffer gestreut bekommen, also angeregt werden, sondern sie sollten — ganz im Gegenteil — ihre sexuelle Lust verlieren, um dem Zölibat leichter gehorchen zu können und nicht immer vornübergebeugt laufen zu müssen. Die mittelalterliche Mönchspfeffer-Anwendung entsprach funktionell also dem beim Militär eingesetzten “Hängolin”.
nach Karl Hiller / Matthias F. Melzig: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Berlin, 2003.
Mönchspfeffer: Wirksam bei Regelbeschwerden
Pflanzliche Arzneimittel mit Wirkstoff-Extrakten des Mönchspfeffers können insbesondere hormonelle Beschwerden der Frau lindern. Häufig kommen sie bei Menstruationsstörungen, wie zum Beispiel unregelmäßigen und schmerzhaften Regelblutungen zum Einsatz. Auch beim prämenstruellen Syndrom (PMS), schmerzhaft geschwollenen Brüsten oder bei hormonellen Beschwerden in den Wechseljahren kann Mönchspfeffer wirksam Symptome lindern. „Bei Frauen kann ein erhöhter Wert des Hormons ‚Prolaktin‘ zu Menstruationsstörungen führen. Pflanzliche Arzneimittel mit den Wirkextrakten des Mönchspfeffers können die Ausschüttung dieses Hormons reduzieren und ein hormonelles Gleichgewicht wiederherstellen“, sagt Dr. Nicole Armbrüster.
Bei der Einnahme von pflanzlichen Arzneimitteln (Beispiel-Produkt: bei Amazon) sind ebenso wie bei chemisch-definierten Arzneimitteln wichtige Hinweise zu berücksichtigen. Hier die Tipps der Expertin:
- Beachten Sie die Dosierungsangaben und nehmen Sie Phytopharmaka nicht länger als vorgeschrieben ein. Frauen sollten im Normalfall Fertigarzneimittel mit einer ausreichend hohen Konzentration an Mönchspfeffer für mindestens zwei bis drei Monatszyklen ohne Unterbrechung einnehmen – auch während der Menstruationsblutung – damit sich die Wirkung entfalten kann und sich der Hormonhaushalt reguliert.
- Frauen, die die Antibabypille einnehmen oder sich in der Schwangerschaft oder Stillzeit befinden, sollten die Arzneimittel nicht anwenden.
- Sollten Sie von starken Menstruationsbeschwerden betroffen sein, klären Sie die Symptome mit ihrem behandelnden Frauenarzt ab. Wenden Sie sich bei Fragen an Ihren Arzt oder Apotheker, ob Präparate mit Mönchspfeffer für Sie infrage kommen.
- Achten Sie auf mögliche Nebenwirkungen. Bei der gleichzeitigen Einnahme mit anderen Arzneimitteln können Wechselwirkungen auftreten.
Quelle
• Pressemitteilung: “Arzneipflanze 2022: The winner is …?”. Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI), Berlin, 13.1.2022 (Original).
Bildnachweis
• Viktoriya Krayn (Shutterstock, zur Verfügung gestellt durch BPI, Berlin, 2022)
weitere Infos
• Mönchspfeffer hilft an den Tagen vor den Tagen. Beitrag bei Heilpflanzen-Welt.de
• Monographie BGA/BfArM (Kommission E): Agni casti fructus (Keuschlammfrüchte). Bundesanzeiger 226, 2.12.1992.
• Gerhard Madaus (1936): Monographie Agnus castus. Lehrbuch der biologischen Heilmittel, 1936, Volltext.
• Des Pedanios Dioskurides (Übersetzung 1902): Keuschlammstrauch, Keuschlamm oder Lygos. Arzneimittellehre des Dioskurides Volltext
Bearbeitung
• Rainer H. Bubenzer, Eichstädt bei Berlin, Januar 2022.