Beheimatet in Saudi-Arabien und Nordostafrika, ist sie für ihre antientzündliche und antimikrobielle Wirkung bekannt. Wissen Sie, um welche Arzneipflanze es sich handelt? Die Rede ist von der Myrrhe — der diesjährigen “Arzneipflanze des Jahres 2021”. Pflanzliche Arzneimittel sind im Bereich der Selbstmedikation eine wichtige Säule der Therapievielfalt. Doch welche besonderen Eigenschaften besitzt die “Echte Myrrhe” genau und wie wirken ihre Extrakte? Arzneimittelhersteller verarbeiten die einzelnen Bestandteile einer Arzneipflanze zu Tabletten, Kapseln, Dragees oder Säften. „Pflanzliche Arzneimittel bestehen aus einem Gemisch verschiedener Stoffe, der Extrakt bildet den Wirkstoff“, erklärt Dr. Nicole Armbrüster, Arzneimittelexpertin beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI), Berlin, in einer Pressemitteilung [1]. Ist Myrrhe enthalten, eignen sie sich beispielsweise zur lokalen Behandlung von leichten Haut- und Schleimhautentzündungen. Insbesondere im Mund, Rachenraum oder auch Magen-Darm-Trakt entfalten Arzneimittel mit Myrrhe ihre Wirkung.
Bei der Einnahme von Phytopharmaka sind ebenso wie bei chemisch-definierten Arzneimitteln wichtige Hinweise zu beachten. Hier die Tipps der Expertin:
- Beachten Sie die Dosierungsangaben und nehmen Sie Phytopharmaka nicht länger als vorgeschrieben ein.
- Achten Sie auf mögliche Nebenwirkungen. Bei der gleichzeitigen Einnahme mit anderen Arzneimitteln können Wechselwirkungen auftreten.
- Lesen Sie daher immer aufmerksam die Packungsbeilage. Bei Fragen wenden Sie sich an Ihren Arzt oder Apotheker.
Myrrhe: Von der Arzneipflanze zum Arzneimittel
Bereits im Altertum stellte das Harz eines Myrrhenstrauches beziehungsweise ‑baumes einen wichtigen Bestandteil von Salböl dar. Auch heutzutage werden Extrakte der Myrrhe für die Herstellung von Arzneimitteln genutzt. “Zu den wichtigsten Inhaltsstoffen des Gummiharzes gehören alkohollösliche Harze und ein wasserlöslicher Gummianteil aus Kohlenhydraten. Für den angenehmen Geruch sind ätherische Öle verantwortlich”, so Armbrüster weiter. Arzneimittelhersteller erforschen weiter, wie sich einzelne Bestandteile des Myrrhenbaumes darüber hinaus pharmakologisch einsetzen lassen. Das aromatische Gummiharz der Myrrhe verfügt über zahlreiche Substanzen, die für eine pharmakologische Weiterverarbeitung von Interesse sind, zum Beispiel für die Stärkung der Darmbarriere und Linderung von Darmkrämpfen.
Herkunft und Anwendungsgebiete der Myrrhe
zitiert nach Rudolf Hänsel, Otto Sticher: Pharmakognosie — Phytopharmazie (9. Auflage). Springer, Heidelberg, 2010 (bei Amazon kaufen).
“Herkunft. Myrrhe besteht aus dem an der Luft gehärteten Gummiharz, das aus Stamm und Ästen von Commiphora molmol Engler und/oder anderen Commiphora-Arten (Familie: Burseraceae) durch Anschneiden erhalten werden kann oder durch spontanes Austreten entsteht. Die Artzuordnung der Stammpflanzen,
die zur Drogengewinnung herangezogen werden, steht bis heute nicht mit Sicherheit fest; die Gattung umfasst etwa 100 Arten, von denen neben C. molmol, C. abyssinica (Berg) Engler und C. schimperi (Berg) Engler das Handelsprodukt liefern dürften. Die genannten Stammpflanzen sind kleine Bäume mit schizogenen Exkretgängen in der Rinde. Zur Drogengewinnung wird die Rinde verletzt; der ausfließende gelbe Balsam erstarrt an der Luft zu gelblich- oder rötlichbraunen Körnern, die gesammelt werden. Myrrhe stammt ausschließlich aus Wildsammlungen.
…
Anwendung: In Form der Myrrhentinktur als desinfizierendes und desodorierendes Mittel zur lokalen Behandlung leichter Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut (Kommission E, ESCOP). Die entzündeten Stellen werden mit Myrrhentinktur gepinselt, bzw. verdünnte Myrrhentinktur (1–2 Teelöffel auf 1 Glas Wasser) dient zum Mundspülen.
Myrrhe hat antibakterielle, antifungale, entzündungshemmende, analgetische und lokalanästhetische Wirkungen. Eine an Mäusen (i.p.-Applikation) durchgeführte
Studie ergab für die Sequiterpene Furanoeudesma‑1,3‑dien und Curzerenon eine analgetische Wirkung, die durch gleichzeitige Gabe von Naloxon aufgehoben wurde.
Daraus schlossen die Autoren, dass beide Substanzen über eine Interaktion mit Opioidrezeptoren im Gehirn wirksam sind. Für die Sesquiterpene Furanodien-6-on und
Methoxyfuranoguaia-9-en-8-on konnte eine lokalanästhetische Wirkung, welche einer selektiven Blockierung von Natriumkanälen zugeschrieben wird, nachgewiesen
werden. Die genannten Myrrhe-Wirkungen geben eine Begründung für die Verwendung der Myrrhe in der Antike als Wundheilungs- und Schmerzmittel sowie zur Behandlung von Augenkrankheiten. Neben den Sesquiterpenen haben verschiedene Triterpene und Steroide der Myrrhe eine entzündungshemmende Wirkung.”
Quelle
[1] Pressemitteilung Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e. V.: Wirkstoffe aus der Natur — Die Arzneipflanze Myrrhe. Berlin, 3. Juni 2021 (Original).
Bildnachweis
• Nancy Ayumi Kunhiro (Shutterstock, via Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e. V.)
weitere Infos
• Myrrhe: Geschenk der Heiligen Drei Könige
• Heilpflanzen- und Gewürzland Marokko
• Myrrhenfrüchte verarbeitet zu wundheilendem Öl
• Hahnemanns Apothekerlexikon: Myrrhe.
• Madaus’ Lehrbuch der biologischen Arzneimittel: Myrrha.
• BGA/BfArM (Kommission E): Myrrha.