Den meisten Menschen ist unbekannt, dass die echte Brunnenkresse (Nasturtium officinale, Wasserkresse) als Gemüse verwendet werden kann. Noch unbekannter sind ihre Fähigkeiten als Heilpflanze (Phytotherapeutikum) — obwohl die Heilpflanze bei Katarrhen der Luftwege bei uns zugelassen ist. Verschiedene Studien haben angedeutet, dass eine mit Kreuzblütengewächsen (Brassicaceae) angereicherte Ernährung, zu der auch die Brunnenkresse gehört, das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und oxidativem Stress verringern kann. Frühere Untersuchungen konnten im Tierversuch eine positive Wirkung von Brunnenkresse auf erhöhte Bluttfettwerte (Hypercholesterinämie) zeigen. Studienergebnisse mit Menschen wurden jetzt erstmals von einer brasilianische Foschergruppe vorgestellt. Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass das von ihnen verwendete Nahrungsergänzungsmittel (NEM) aus Brunnenkresse eine so deutlich positive Blutfette senkende (antihyperlipidämische) Aktivität hat, dass es ein guter Kandidat für die erhänzende Behandlung der Arterienverkalkung (Atherosklerose, Arteriosklerose) sein könnte.
Brunnenkresse: Verwendung in der Küche
Blätter, Triebe, Blütenknospen: Von April bis August sind Blätter, Triebe und knospige Blütenstände der Brunnenkresse eine wohlschmeckende Zutat für Salate. Auch als Dekoration sind die Triebspitzen und Blätter sehr ansehnlich. Erwärmt werden sie für Suppen püriert. Doch auch in Spinat, Brotaufstrichen, Pesto, Kräutersaucen, Kräuterbutter, Kräuterkäse, Quiche und Eierspeisen wie Omelett findet die Brunnenkresse Verwendung. Getrocknete Triebe können Rauchtabak beigemischt werden. Von Mai bis September kann man die weißen, würzigen Blüten roh essen, sie eignen sich deshalb auch für Salate. Von September an findet man die kleinen Samen an der Brunnenkresse. Sie wurden beim Brotbacken mitverwendet, als Pfefferersatz genutzt oder auch zu Senf verarbeitet.
Quelle: Jürgen Guthmann, Roland Spiegelberger, Steffen Guido Fleischhauer: Essbare Wildpflanzen. AT Verlag, Baden/München, 2015 (bei Amazon kaufen).
Die kontrollierte, fünfwöchige Studie sollte zeigen, ob beziehungsweise wie sich bei Übergewichtigen (n=34) unter regelmäßiger Einnahme eines standardisierten Brunnenkresse-Extraktes Blutfettwerte oder Anzeichen für oxidativen Stress (also Zellschädigung durch aggressive Sauerstoffverbindungen) verändern. Die Versuchspersonen erhielten zufallsgesteuert entweder ein Präparat, das 750 mg des Nasturtium officinale-Extraktes pro kg/KG/Tag enthielt oder ein entsprechendes Scheinpräparat (Placebo). Die Ergebnisse zeigten einerseits, dass der Wasserkresse-Extrakt eine signifikante Verbesserung der Spiegel bei Low-Density-Lipoprotein-Cholesterin (die sogenannten “guten” HDL-Blutfette), Kreatinin (=verbesserte Nierenfunktion) und Lipidperoxidation (vermehrter Abbau der “bösen” LDL-Blutfette) bewirkte. Andererseits führte er jedoch zu keinen statistisch signifikanten Änderungen bei anderer Blutfettspiegel (Gesamtserumcholesterin‑, Triacylglycerol- und High-Density-Lipoproteinspiegeln) bzw. bei den Parametern Katalase, Superoxiddismutase, Kreatinin, Alaninaminotransferase, Aspartataminotransferase und Harnstoff. Unerwünschte Nebenwirkungen unter Einnahme des NEMs traten in keinem Fall auf.
Anwendungsgebiete der Brunnenkresse (Beispielpräparat (bei Amazon kaufen)
• Aufgrund ihrer keimhemmenden und harndesinfizierenden Effekte kommt Brunnenkresse bei Katarrhen der oberen Luftwege und bei Infektionen der ableitenden Harnwege zur Anwendung. Neuere klinische Studien zeigen gute Effekte bei akuten Bronchitiden, Sinusitiden und Harnwegsinfekten. Ihres bitteren Geschmackes wegen kann sie, wie in der Volksheilkunde geläufig, bei Appetitlosigkeit und Verdauungsbeschwerden, traditionell nach Arzneimittelgesetz § 109a allein „zur Unterstützung der Verdauungsfunktion“ eingesetzt werden.
• Traditionell dient die Brunnenkresse zur Verbesserung des Stoffwechsels und äußerlich zur unspezifischen Reiztherapie. Sie wird bei gestörter Leber- und Gallefunktion sowie bei Stoffwechselstörungen wie rheumatischen Beschwerden und Gicht eingesetzt. Zu beachten ist, dass sie nur im frischen Zustand ihre Wirkung zeigt. Das frische Kraut wird wegen ihres Vitamin-C-Gehaltes gerne zu Frühjahrskuren verwendet; beliebt in Form von Wildsalaten (mit Brennnessel- und Löwenzahnkraut). In der Volksmedizin ist die Brunnenkresse beliebt bei Verdauungsbeschwerden und Appetitlosigkeit, als Stomachikum sowie äußerlich bei Arthritis und Rheuma. Traditionell wird die Pflanze in der iranischen Volksheilkunde auch bei kardiovaskulären Erkrankungen eingesetzt, was nach neueren Untersuchungen plausibel erscheint.
• Der mit Wasser zu einer Paste zubereiteten pulverisierten Brunnenkresse wird eine Wirkung auf das Haarwachstum zugesprochen, möglicherweise aufgrund des Gehaltes an Vitamin B. Diese wird zwei Stunden vor dem Haarewaschen auf die Kopfhaut aufgetragen. Bei Haarausfall wird gelegentlich auch ein Teeaufguss als Spülung genommen.
Siegfried Bäumler: Heilpflanzen Praxis heute, Band 1 Arzneipflanzenporträts. Urban & Fischer, München, 2012 (bei Amazon kaufen).
Autor
• Rainer H. Bubenzer, Berlin, 29. Juni 2021.
Bildnachweis
• Marion Kaden (mkaden), Samothrake, 30. Mai 2016.
Quelle
• Clemente M, Miguel MD, Felipe KB, Gribner C, Moura PF, Rigoni AAR, Parisotto EB, Henneberg R, Dias JFG, Piltz MT, Clemente EF, Schonhofen CB, Carvalho JLS, Fernandes LC, Miguel OG: Effect of watercress extract supplementation on lipid profile and oxidative stress markers in overweight people with physical disability: A randomized, double-blind, and placebo-controlled trial. Phytother Res. 2021 Apr;35(4):2211–2219 (DOI | PMID).
weitere Infos
• Gerhard Madaus: Monographie Nasturtium aquaticum (= officinale). Lehrbuch der biologischen Arzneimittel, Thieme, Leipzig, 1936 (Originaltext).
• Monographie BGA/BfArM (Kommission E): Nasturtii herba (Brunnenkressekraut). Bundesanzeiger, 1.2.1990, Heftnummer: 22a (Originaltext)
• Teerezept: Brunnenkressekraut.
• Brunnenkresse: Scharf und antibakteriell.