Eine Meldung aus den Online-“Gesundheits”-Medien [1] fordert geradezu einen Kommentar heraus: Mal wieder wurde ein unerfahrener Praktikant mit blöden Tipps auf die Frauenwelt losgelassen. Es geht um die Blasenentzündung bei Frauen und Mädchen. Sie sind häufiger betroffen, das ist richtig. Die Gründe sind anatomische, denn die Harnröhre ist nun einmal bei Frauen kürzer als bei Männern. Dann schreibt der Praktikant: “Ausgelöst wird die Erkrankung, die oft mit Beschwerden beim Wasserlassen und Fieber einhergeht, durch Bakterien, die sich in der Harnröhre festbeißen und diese bis zur Blase hinauf wandern”.
Die Bakterien “beissen sich in der Harnröhre fest?” — um Gottes Willen! Dann wird frau sie ja nie wieder los. Oder noch schlimmer: Vielleicht vermögen die Bakterien sogar die Harnröhre durchzufressen oder gar die Harnblase, dass davon am Ende gar nichts mehr übrigbleibt? Eine schlechte Sprache, kombiniert mit falschen Bildern werden gerne genutzt, um Angst zu machen und Dramatik in eine Geschichte zu bringen. Auch die Gründe, die dem Möchtegern-Schreiberling einfallen, sind merkwürdig: Frauen sollen sich nicht “auf den kalten Boden setzen” — hallo? Welche Frau oder jungen Mädchen setzen sich bei Regen und nasskaltem Wetter auf den Boden? Auch sollen Frauen nasse Badeanzüge sofort wechseln — das ist im Winter wirklich ein guter Tipp! Frauen gehen ja auch täglich im November schwimmen und behalten ihren nassen Badeanzug an, vielleicht um sich extra eine Lungenentzündung zu holen? Bei der Abschreiberei ist dem Praktikanten leider nicht aufgefallen, dass im Winter sommerliche Badetipps nicht passen.
Ach ja, häufiger Geschlechtsverkehr ist die Ursache für eine Blasenentzündung, heisst es weiter in dem zusammengeschusterten Machwerk. Bei diesem Hinweis fehlt einer kleiner, doch sehr wesentlicher Unterschied: Blasenentzündungen können leichter entstehen, wenn Frauen häufig wechselnden Geschlechtsverkehr mit unterschiedlichen Männern haben, der dann vielleicht sogar noch ungeschützt (ohne Kondome) stattfindet. Aber: Frauen, die in einer stabilen Beziehung leben und mit ihren Partnern regelmäßig oder häufig Geschlechtsverkehr haben, bekommen keine Blasenentzündung. Warum? Die Mikrobinom-Forschung hat ergeben, dass sich die Bakterienbesiedlungen von festen Partnern annähern und im ständigen, regen Austausch stehen beispielsweise bei der Mundschleimhaut, dem Darm, der Haut und natürlich auch im Intimbereich. Wegen des regelmäßigen Bakterienaustausches müssen so die Immunsysteme der Paare nicht mehr heftig und abwehrend auf “Fremdes” reagieren, wie dies jedoch bei häufig wechselnden Partnern der Fall ist. Kommen noch weitere Stressoren hinzu wie viel Nikotin, Alkohol, wenig Schlaf, kann das Immunsystem einer Frau mit den ständig wechselnden Bakterienbesiedlungen (von wechselnden Männern) in Scheide und Gebärmutter überfordert sein und mit einer (Blasen-)Infektion reagieren.
Blasenentzündung — häufige Beschwerden
Fast jede Frau hat mindestens einmal im Leben eine Harnwegsinfektion. Ist die Harnröhre betroffen, was quasi immer der Fall ist, spricht man von der Urethritis, ist es die Harnblase, ist von einer Zystitis die Rede. Natürlich haben auch Männer diese Erkrankung, aber erheblich seltener, da ihre Harnröhre deutlich länger ist, und Bakterien es somit schwerer haben, den Weg nach innen zu finden.
Das klassische Anzeichen (Symptom) ist der häufige Harndrang. Geht die Betroffene dann auf die Toilette, kommen meist nur wenige Tropfen. Das Wasserlassen verursacht einen brennenden Schmerz. Der Urin kann dunkler sein als üblich und Eiter oder auch Blut enthalten. Die wohl bekannteste und häufigste Ursache, besonders bei jungen Mädchen und Frauen, ist vermehrter Geschlechtsverkehr. Zum einen irritieren die Bewegungen und der Druck, den der Penis auslöst, Harnröhre und Blase, zum anderen können Bakterien, meistens sind es Escherichia coli, kurz E. coli genannt, in die Harnröhre geschoben werden.
zitiert nach: Ingrid Gerhard, Iris Hammelmann: Das Frauen-Gesundheitsbuch. Haug, Stuttgart, 2009 (bei Amazon kaufen).
Ein weiterer Grund für Blasenentzündungen im Winter: Kälte! Die gegenwärtige Mode beispielsweise Sneaker (Turnschuhe) auch im Winter mit halben Söckchen zu tragen, ist keine gute Idee. Knöchel, Füße, Beine und Unterleib werden kalt. Allein deshalb sind schützende, warme Kleidung und Schuhe mit dicken Sohlen wichtig. Ist die Blasenentzündung entstanden, hilft Wärme (Wärmflasche auf den Bauch) und viel Trinken (Wasser, heisse Tees). Es gibt auch verschiedene Heilpflanzentees mit reizender Wirkung, die eine “Durchspülungstherapie” der Harnblase bewirken. Mit einer Blasenentzündung ist nicht zu spaßen. Bei starken Schmerzen sollte möglichst schnell ein Arzt oder eine Ärztin aufgesucht werden.
Auch zur Intimpflege hatte der Praktikant ebenfalls allerlei abgeschrieben, was hier keiner Wiederholung bedarf. Ich frage mich, warum ein so offensichtlich Unkundiger Tipps geben muss, die dann auch noch ungeprüft ins Netz gestellt werden? Gerne wird sich über Falschinformationen zu Gesundheitsfragen aufgeregt — in diesem Falle zu Recht! So ein schlechter Artikel sollte bei einer reichweitenstarken “Gesundheitswebsite” nicht die Redaktion ungeprüft verlassen dürfen!
Autorin
• Marin Kaden, Berlin, 15. Dezember 2016.
Bildnachweis
• Jesse Millan: Sneaker (16.11.2007). This file is licensed under the Creative Commons Attribution 2.0 Generic license, via Wikimedia Commons. Bildquelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Sneaker.jpg.
Mehr:
Quelle
• [1] Domke A: Falsch angwendete Intimpflege: Das ist ursächlich für eine Blasenentzündung. Heilpraxisnet, 15.12.2016.
weitere Infos
• Goldrute bei Blasenentzündungen.
• Goldrute: Harnfördernd und entzündungshemmend.
• Blasen-Entzündung: Beckenbodentraining und Heiltee verhindern Infekte und lindern Beschwerden.