Kamil­le heilt und heilt: Rollkur

Kamille heilt und heilt
Kamil­le heilt und heilt
Kamil­len­tee (Apo­the­ken­wa­re) kann getrun­ken wer­den bei anfalls­wei­sen oder vor­über­ge­hen­den Magen-und Darm­be­schwer­den. Eine soge­nann­te Roll­kur wird dann mit Kamil­len­tee gemacht, wenn die Beschwer­den län­ger anhal­ten oder immer wie­der kom­men (zur Abklä­rung zum Arzt gehen!). Eine Roll­kur hilft bei Beschwer­den des Magen- und Zwölf­fin­ger­darms, Magen­be­schwer­den oder gereiz­tem Magen oder Reiz­darm. Sie ist ein gutes natur­heil­kund­li­ches und heil­pflanz­li­ches Mit­tel, um den Beschwer­den zu Lei­be zu rücken. Eine Roll­kur ist buch­stäb­lich gemeint: Kamil­len­tee trin­ken und dann von einer Sei­te zur ande­ren rollen.


Zube­rei­tung des Tees bei Unpäss­lich­kei­ten: Einen Ess­löf­fel Kamil­len­blü­ten (aus der Apo­the­ke oder Bio­wa­re, bei Ama­zon kau­fen) mit 150 Mil­li­li­ter Was­ser heiss über­brü­hen, 10 Minu­ten abge­deckt ste­hen las­sen. Den Tee lang­sam schlück­chen­wei­se trinken.

Bei Beschwer­den alle 30–60 Minu­ten wie­der­ho­len.  Sonst drei bis vier mal täg­lich eine Tas­se  frisch auf­ge­brüh­ten Tee trinken.

  • Die Kamil­len­roll­kur: Sie soll­te min­des­tens 8 Tage bes­ten­falls 14 Tage lang jeden Mor­gen durch­ge­führt werden.
  • Kamil­len-Zube­rei­tung für die Roll­kur: Fünf Ess­löf­fel Kamil­len­blü­ten mit einem Liter heis­sem Was­ser  über­gie­ßen. 10 Minu­ten abge­deckt ste­hen las­sen, absei­hen. Die­ser  Tee­auf­guss wird in eine Ther­mos­kas­se gegos­sen und mit 15 Mil­li­li­tern etha­no­lisch-wäss­ri­ger Kamil­len­tink­tur (Apo­the­ke)* ver­stär­ken. Das Gan­ze wird zur Roll­kur und über den Tag ver­teilt getrunken.
  • Mor­gens: Von dem ver­stärk­ten Kamil­len­tee nüch­tern zwei Tas­sen warm trin­ken. Anschlie­ßend erst zehn Minu­ten auf dem Rücken lie­gen. Dann auf die rech­te Sei­te rol­len und 10 Minu­ten lie­gen blei­ben, dann zehn Minu­ten auf  die lin­ke Sei­te dre­hen und wie­der 10 Minu­ten lie­gen blei­ben. Zum Schuss zehn Minu­ten auf  den Bauch dre­hen und lie­gen blei­ben. Nach die­ser Roll­kur noch eine hal­be  Stun­de lie­gen blei­ben und ruhen. Der Leib soll­te warm gehal­ten werden.
  • Nach­mit­tags und Abends vor dem Schla­fen gehen noch­mals Tee aus der  Ther­mos­kan­ne trinken.

Sehr nütz­lich sind zusätz­li­che Maß­nah­men wäh­rend der Rollkur-Zeit:

  • auf Alko­hol, Niko­tin, Kaf­fee und schar­fe Gewür­ze verzichten,
  • wenn das Ver­zich­ten nicht geht, dann wenigs­tens den Kaf­fee nicht auf nüch­ter­nen Magen trinken,
  • nach den Mahl­zei­ten nicht sofort hin­le­gen, son­dern den Ober­kör­per min­des­tes 20 Minu­ten hoch­la­gern.- ein gere­gel­ter Tages­ab­lauf wirkt sich güns­tig aus
  • wich­tig: Zeit zum Essen nehmen,
  • nach Mög­lich­keit  Hek­tik und Stress vermeiden,
  • güns­tig ist das Erler­nen von Ent­span­nungs­ver­fah­ren (Atem­übun­gen, Auto­ge­nes Trai­ning) und die­se regel­mäs­sig immer dann durch­zu­füh­ren, wenn Stress und Hek­tik auf­taucht. Die­se Maß­nah­men sind natür­lich etwas nach der Rollkur.

* etha­no­lisch-wäss­ri­ge Kamil­len­tink­tur: Die Wirk­stof­fe der Tink­tur wur­den mit Hil­fe von alko­ho­li­schen Lösun­gen aus den Kamil­len­blü­ten gezo­gen. Das ist nichts für tro­cke­ne Alko­ho­li­ker. Sie kön­nen statt des­sen auf die Kamil­len­tink­tur ver­zich­ten und sich nur Kamil­len­tee aus der Apo­the­ke auf­brü­hen. Drei Ess­löf­fel kön­nen dem obi­gen Rezept noch hin­zu­ge­fügt werden.

Wich­tig: Ste­ti­ge Schmer­zen und Beschwer­den soll­ten vom Arzt über­prüft wer­den — es kann noch etwas Ande­res dahin­ter stecken!

Wir­kun­gen der Kamil­le (all­ge­mein)
Die beson­de­re Heil­kraft der Kamil­le ent­steht durch das Zusam­men­spiel ihrer Inhalts­stof­fe: Zahl­rei­che Fla­vo­no­ide, Schleim­stof­fe und äthe­ri­sche Öle wir­ken ent­zün­dungs­hem­mend. Inner­lich ange­wen­det lin­dern Kamil­len­blü­ten Krämp­fe der Ver­dau­ungs­or­ga­ne. Das macht sie so wir­kungs­voll und beliebt bei ent­zünd­li­chen Magen-Darm-Stö­run­­gen mit Krämp­fen, Übel­keit, Erbre­chen oder Durch­fall. Die hei­lungs­för­dern­den und reiz­mil­dern­den Eigen­schaf­ten ent­fal­ten sich beson­ders bei Geschwü­ren im Magen-Darm-Bereich: Das α ‑Bisabo­lol des äthe­ri­schen Öls schützt die Magen­schleim­haut und hemmt die Sekre­ti­on des Ver­dau­ungs­en­zyms Pep­sin, das die ange­grif­fe­ne Magen­schleim­haut andau­en kann. Kamil­le ver­min­dert die Bil­dung und Frei­set­zung von Ent­zün­dungs­stof­fen (Hist­amin, Sero­to­nin, Pro­sta­glan­di­ne) und wirkt dadurch als ein „Geschwür­schutz“, das die Schutz­bar­rie­re in der Magen­schleim­haut stärkt und so die aggres­si­ve Magen­säu­re bes­ser abhält; sogar ein bereits bestehen­des Geschwür heilt schnel­ler ab. Die Fla­vo­ne und äthe­ri­schen Öle der Kamil­le wir­ken nach­weis­lich auch beru­hi­gend, des­halb gilt die Kamil­le als Schlaf­trunk und Beru­hi­gungs­mit­tel bei ner­vö­sem Magen, Herz­be­schwer­den und bei Ner­ven­er­kran­kun­gen. Die krampf­lö­sen­den Effek­te auf die glat­te Mus­ku­la­tur lösen auch Krämp­fe der Gebär­mut­ter und haben Mil­lio­nen von Frau­en bei Mens­trua­ti­ons­krämp­fen Lin­de­rung geschenkt. In der Kin­der­heil­kun­de ist die Ech­te Kamil­le unent­behr­lich bei Win­del­der­ma­ti­tis, Zahn­weh, Bauch­schmer­zen und zur Beruhigung.
   Die Schleim­stof­fe sind mit­ver­ant­wort­lich für die schleim­haut­schüt­zen­den Eigen­schaf­ten. Sie sti­mu­lie­ren zusätz­lich das Immun­sys­tem; des­halb hat sich die Kamil­le bei Bron­chi­tis, Nasen­ne­ben­höh­len­ent­zün­dun­gen, Ent­zün­dun­gen im Rachen­be­reich oder Kehl­kopf beson­ders bewährt.
   Bes­tens unter­sucht sind die keim­hem­men­den Eigen­schaf­ten der äthe­ri­schen Öle: Sie wir­ken gegen Viren und Bak­te­ri­en und bin­den auch die gefähr­li­chen Bak­te­ri­en­gif­te. Das nutzt man bei Haut­er­kran­kun­gen genau­so wie bei Erkäl­tun­gen. Die pilz­hem­men­den Eigen­schaf­ten der äthe­ri­schen Öle machen sie zu einem bewähr­ten Mit­tel bei Darm­pil­zen, der so genann­ten Candidose.
   Äußer­lich ange­wen­det ist die Kamil­le ein bewähr­tes Heil­mit­tel für die Haut und alle Schleim­häu­te, da sie reiz­mil­dernd und ent­zün­dungs­hem­mend wirkt und gleich­zei­tig die Wund­hei­lung för­dert. Auf­grund ihrer bak­te­ri­en­hem­men­den Eigen­schaf­ten gegen Strep­to­kok­ken und Sta­phy­lo­kok­ken ver­wen­det man sie auch bei schlecht hei­len­den, eit­ri­gen Wun­den. Kamil­le lin­dert Schmer­zen, ist ange­nehm küh­lend, lässt die wun­de Schleim­haut abschwel­len und schnel­ler rege­ne­rie­ren, Wun­den schnel­ler abhei­len und näs­sen­de Wund­flä­chen schnel­ler trock­nen. Auch ver­bes­sert Kamil­le die Gewe­be­re­ge­ne­ra­ti­on bei Hämor­rhoi­den, Ent­zün­dun­gen der Geni­tal­re­gi­on und nach der Geburt.
zitiert nach: Ursel Büh­ring: Alles über Heil­pflan­zen erken­nen, anwen­den, gesund blei­ben. Eugen Ulmer, Stutt­gart, 2011 (bei Ama­zon kau­fen).

Mehr:
Autorin, Bild­nach­weis
• Mari­on Kaden, Ber­lin, 16. Juli 2010.
Bild­nach­weis
• Mari­on Kaden, Ber­lin, 8. Juni 2010.
wei­te­re Infos
Arz­n­ei- und Gebrauchs­tees sind nicht dasselbe!
• Mari­on Kaden: Wun­der­ba­re Kamil­le. Erst­erschei­nung in natür­lich leben, 2007 (Ori­gi­nal­text).
• Ech­te Kamil­le (Matri­ca­ria recu­ti­ta L. (syn. Cha­mo­mil­la recu­ti­ta (L.) RAUSCHERT)). In: Hans Georg Men­ßen: Die Phy­to­the­ra­peu­ti­sche Welt. PMI, Frank­furt, 1983 (Ori­gi­nal­text).
• Mono­gra­phie Cha­mo­mil­la. In: Ger­hard Mad­aus: Lehr­buch der bio­lo­gi­schen Heil­mit­tel. Thie­me, Leip­zig, 1936 (Ori­gi­nal­text).
• Mono­gra­phie BGA/BfArM (Kom­mis­si­on E): Matri­ca­ria flos (Kamil­len­blü­ten). Bun­des­an­zei­ger Nr. 228, 5.12.1984 (Ori­gi­nal­text).



Ech­te Kamille

Stamm­pflan­zeMatri­ca­ria recu­ti­ta L.

Fami­lie → Asteraceae

Ver­wen­de­ter Pflan­zen­teil &rarr: Kamil­len­blü­ten (Matri­ca­riae flos), bestehend aus den frischen
oder getrock­ne­ten Blü­ten­köpf­chen der Pflan­ze. Geruch: Aro­ma­tisch, ange­nehm. Geschmack: Etwas bitter.

Botanik/Herkunft → Ein­jäh­ri­ge, 10 – 80 cm hohe Pflan­ze mit dün­nen, spin­del­för­mi­gen Wur­zeln. Am auf­rech­ten, oft reich­ver­zweig­ten Stän­gel, ste­hen wech­sel­stän­dig 2 – 3fach fie­der­tei­li­ge Laub­blät­ter. Der Blü­ten­stands­bo­den der ein­zeln ste­hen­den Blü­ten­köpf­chen ist hohl und besitzt Spreu­blät­ter. Die Rand­blü­ten sind zun­gen­för­mig und weiß, die Schei­ben­blü­ten röh­rig, fünf­zäh­nig und gelb. Die Früch­te besit­zen Schleim­rip­pen, ein Pap­pus fehlt.

Blü­te­zeit: Mai – September.

Die Pflan­ze ist in Süd- und Ost­eu­ro­pa sowie in Vor­der­asi­en hei­misch. Heu­te in wei­ten Tei­len Euro­pas, Asi­ens, Afri­kas, Nord- und Süd­ame­ri­kas ein­ge­bür­gert. Die Pflan­ze wächst bevor­zugt auf Brach­land, Schutt­hal­den, Dorf­we­gen, Gras­plät­zen, Getrei­de­fel­dern und in Wein­ber­gen. Die Dro­ge Matri­ca­riae flos stammt heu­te aus dem Feld­an­bau. Haupt­lie­fer­län­der sind Spa­ni­en, Ägyp­ten, Argen­ti­ni­en, Ungarn, Tsche­chi­sche Repu­blik, Bul­ga­ri­en, Polen, Albanien.

Inhalts­stof­feÄthe­ri­sches Öl: In der Dro­ge 0,4 – 1,5 %. Die Zusam­men­set­zung des äthe­ri­schen Öls hängt von der Zuge­hö­rig­keit der Pflan­ze zu einem der bekann­ten Che­mo­de­me ab. Nach dem jeweils vor­herr­schen­den Bisabo­lo­id (Ses­qui­ter­pen­de­ri­vat) unter­schei­det man bei Han­dels­ka­mil­len 4 ver­schie­de­ne Typen: Bisabo­lol­typ, Bisabo­lol­oxid A‑Typ, Bisabo­lol­oxid B‑Typ und Bisabo­lon­oxid­typ. Neben den Bisabo­lo­iden fin­det man im Kamil­len­öl noch wei­te­re Ses­qui­ter­pe­ne und Monoter­pe­ne sowie Ace­tyl­ver­bin­dun­gen, wie die cis­/­trans-En-In-Dicy­cloe­ther. Fla­vo­no­ide: In der Dro­ge 1 – 2 % Fla­vo­no­ide, wie z. B. Luteo­lin, Api­gen­in-7-O-glu­co­sid, Api­gen­in-7-O-ruti­no­sid. Sons­ti­ge Inhalts­stof­fe: Cuma­ri­ne (u. a. Aes­cu­letin, Her­nia­rin, Umbel­li­fe­ron), Phe­nol­car­bon­säu­ren (u. a. Anis­säu­re, Chlo­ro­gen­säu­re, Kaf­fee­säu­re, Syring­a­säu­re, Vanil­lin­säu­re), ca. 10 % Schleim­stof­fe und 8 – 10 % mine­ra­li­sche Bestandteile.

Wir­kung → Kamil­len­zu­be­rei­tun­gen wer­den wegen ihrer tra­di­tio­nell bekann­ten anti­phlo­gis­ti­schen (v. a. lokalan­ti­phlo­gis­ti­schen), anti­mi­kro­biel­len, gra­nu­la­ti­ons­för­dern­den, sekre­to­ly­ti­schen, spas­mo­ly­ti­schen, ver­dau­ungs­för­dern­den und kar­mi­na­ti­ven Wir­kun­gen ange­wen­det. Tier­ex­pe­ri­men­tell konn­ten für das äthe­ri­sche Öl (Kamil­len­öl), ein­zel­ne Ölbe­stand­tei­le sowie für ver­schie­de­ne Fla­vo­no­ide anti­phlo­gis­ti­sche, mus­ku­lo­tro­pe, spas­mo­ly­ti­sche, wund­hei­lungs­för­dern­de, des­odo­rie­ren­de und den Haut­stoff wech­sel anre­gen­de Wir­kun­gen nach­ge­wie­sen wer­den. Anti­phlo­gis­ti­sche und wundheilungsfördernde
Wir­kung
: So wer­den z. B. für die anti­phlo­gis­ti­sche und wund­hei­lungs­för­dern­de Wir­kung der Dro­ge neben Matricin/Chamazulen und Bisabo­lo­iden auch ver­schie­de­ne Fla­vo­no­ide, wie z. B. das Api­gen­in ver­ant­wort­lich gemacht. Als Wir­kungs­me­cha­nis­men wer­den Prostaglandinsynthesehemmung,
Anti­hist­amin- und Anti­s­ero­to­nin­wir­kung sowie Radi­kal­fän­ger­ei­gen­schaf­ten dis­ku­tiert. Spas­mo­ly­ti­sche Wir­kun­gen: Die mus­ku­lo­trop spasmolytische
Wir­kung der Dro­ge bzw. des Kamil­len­öls beruht über­wie­gend auf Matricin/Chamazulen, den Bisabo­lo­iden und z. T. auf Fla­vo­no­iden. Wir­kun­gen bei Ulzera ven­tri­cu­li et duo­deni: Im Tier­ver­such wirk­te (-)-α-Bisabo­lol in ver­schie­de­nen Ulkus-Model­len antiu­l­ze­ro­gen und ulze­ro­ku­ra­tiv. Anti­mi­kro­biel­le Wir­kung: Das äthe­ri­sche Öl wirk­te in vitro bak­te­rio­sta­tisch, bak­te­ri­zid und soll über­dies Bak­te­ri­en­to­xi­ne (Sta­phy­lo­kok­ken, Strep­to­kok­ken) inak­ti­vie­ren kön­nen. In Zell­kul­tu­ren konn­te nach­ge­wie­sen wer­den, dass ein alko­ho­li­scher Kamil­len­ex­trakt die Repli­ka­ti­on von Her­pes- und Polio­vi­ren hemmt. Wir­kung auf die Haut: (-)-α-Bisabo­lol för­der­te tier­ex­pe­ri­men­tell die Epi­the­li­sie­rung und Gra­nu­la­ti­on ver­letz­ter Haut und senk­te die Haut­tem­pe­ra­tur eines UV-Licht-
Ery­thems. Wir­kung auf die Blut­ge­fä­ße: Die Fla­vo­no­ide wirk­ten im Tier­ver­such pro­tek­tiv antiö­de­ma­tös. Sekre­to­ly­ti­sche Wir­kung: Auf­grund tier­ex­pe­ri­men­tel­ler Hin­wei­se (in vitro Unter­su­chun­gen an Flim­mer­epi­the­li­en) wer­den wie für eini­ge ande­re ter­pen­hal­ti­ge äthe­ri­sche Öle auch für das ter­pen­hal­ti­ge Kamil­len­öl sekre­to­ly­ti­sche Wir­kun­gen diskutiert.

Anwen­dung­ge­bie­te → Inner­lich bei Magen-Darm-Beschwer­den, wie gas­tro­in­testi­na­le Spas­men, ent­zünd­li­che Erkran­kun­gen des Gas­tro­in­testi­nal­trak­tes, Meteorismus.

Dosie­rung und Art der Anwen­dung → Kamil­len­blü­ten wer­den inner­lich in Form eines Auf­gus­ses (5 – 10:100) verwendet.

Dosie­rung der Kamil­len­blü­ten (inner­lich) — mitt­le­re Tagesdosis
Gro­ßer Wie­der­käu­er: 25,0 – 50,0 g
Pfer­de: 15,0 – 35,0 g
Scha­fe, Zie­gen: 5,0 – 10,0 g
Schwei­ne: 2,0 – 5,0 g
Hun­de: 1,0 – 3,0 g
Kat­zen: 0,5 – 1,0 g
Huhn: 0,1 – 0,2 g

Rezep­tu­ren

Rp.
Matri­ca­riae flos 25,0
Aqu. comm. 2950,0
M. f. infus.

Rp.
Kamil­len­blü­ten 25,0
Trink­was­ser 2950,0
Auf­guss herstellen.

D. S. Inner­lich eine Gabe für ein Pferd bei Enteritis.

Rp.
Matri­ca­riae flos 20,0
Aqu. comm. 980,0
M. f. infus.

Rp.
Kamil­len­blü­ten 20,0
Trink­was­ser 980,0
Auf­guss herstellen.

D. S. Inner­lich 3 × tgl. ein Ess­löf­fel für ein Fer­kel bei Enteritis.

Kom­bi­na­tio­nen
Spas­mo­ly­ti­sche Wir­kung: Zube­rei­tun­gen aus Kamil­len­blü­ten, Peff erminz­blät­ter und Kümmel.
Anti­phlo­gis­ti­sche und wund­hei­lungs­för­dern­de Wir­kung: Zube­rei­tun­gen aus Süß­holz­wur­zel und Kamillenblüten.

Uner­wünsch­te Wir­kun­genMensch: In sel­te­nen Fäl­len all­er­gi­sche Reak­tio­nen (Kon­takt­all­er­gie).

Gegen­an­zei­gen → Über­emp­find­lich­keit auf Kamil­le, deren Inhalts­stof­fe und Zubereitungen.

Hin­wei­se
Kamil­le (Matri­ca­ria recu­ti­ta) und Kamil­len­blü­ten (Matri­ca­riae flos) dür­fen bei Lebens­mit­tel­lie­fern­den Tie­ren in der EU als Wirk­stof­fe ein­ge­setzt wer­den. Mit Kamil­len und Kamil­len­blü­ten lie­gen der­zeit bei träch­ti­gen und lak­tie­ren­den Tie­ren kei­ne Erfah­run­gen vor.

zitiert nach
Jür­gen Reich­ling, Rosa Gach­ni­an-Mirt­sche­va, Mari­jke Fra­ter-Schrö­der, Rein­hard Sal­ler, Ass­un­ta Di Car­lo, Wolf­gang Wid­mai­er: Heil­pflan­zen­kun­de für Tier­ärz­te. Sprin­ger, Ber­lin, Hei­del­berg, 2005
— Kapi­tel 7: “Heil­pflan­zen und ihre Anwen­dungs­ge­bie­te in der Tier­arzt­pra­xis, Sei­ten 50–53.


Kamil­le, echte

Matri­ca­ria cha­mo­mil­la L.

Korb­blüt­ler

Die Kamil­le gehört zu den bekann­tes­ten und belieb­tes­ten Heil­pflan­zen. Für mich ist sie eine wich­ti­ge Frau­en- und Kin­der­heil­pflan­ze, die aus der Kin­der­heil­kun­de nicht weg­zu­den­ken ist. Als Arz­nei­pflan­ze soll­te sie nicht mit der Geruch­lo­sen Kamil­le (Matri­ca­ria inodo­ra) ver­wech­selt wer­den. Die­se ist grö­ßer, fes­ter und höher, riecht nicht und wird medi­zi­nisch nicht angewendet.

Vor­kom­men

Die Kamil­le kommt in Mit­tel­eu­ro­pa auf Feld­we­gen, Äckern oder in Gär­ten wild vor.

Ver­wen­de­te Pflanzenteile

Blü­ten­köp­fe (Matri­ca­riae flos)

Die Blü­ten­köp­fe der Kamil­le wer­den von den vom Mai bis August blü­hen­den Pflan­zen bei tro­cke­nem Wet­ter mög­lichst kurz­stie­lig gepflückt, ohne Ver­zug in dün­ner Schicht auf einem luf­ti­gen Tro­cken­bo­den auf­ge­streut und, sobald sie genü­gend tro­cken sind, in dicht schlie­ßen­de Gefä­ße gefüllt. 5 Tei­le fri­sche Kamil­le geben 1 Teil getrock­ne­te. Der bes­te Zeit­punkt zum Ein­sam­meln der Blü­ten­köp­fe ist der 3.- bis 5. Tag nach Auf­blü­hen. Die Blü­ten soll­ten nicht über 45 Grad, am bes­ten auf einem luf­ti­gen Dach­bo­den, getrock­net werden.

Inhalts­stof­fe

Äthe­ri­sches Öl mit Bisabo­lol, Far­ne­sen, Chama­zu­len, Matri­cin, Guai­an-Deri­va­te, Spa­t­hu­lenol, Cha­ma­vio­lin, Guai­a­n­o­li­de wie Matri­ca­rin, Desace­tyl­ma­tri­ca­rin, über 30 Fla­vo­no­ide wie Api­gen­in, Api­gen­in-7-O-Glu­co­sid, Querce­tin, Chry­se­ri­ol, Lut­ein, Patu­letin, Rutin, Hyper­osid, Como­si­in, Cuma­ri­ne wie Umbel­li­fe­ron, Her­nia­rin, Aes­cu­letin, Cuma­rin, Sco­po­le­tin, Iso­sco­po­le­tin, Anis­säu­re, Kaf­fee­säu­re, Vanil­lin­säu­re, Syring­a­säu­re, Schleim wie Fruc­tan vom Inu­lin­typ und wei­te­re Inhaltsstoffe

Wir­kung

Ent­zün­dungs­hem­mend, krampf­lö­send, schmerz­stil­lend, gegen Blä­hun­gen, beru­hi­gend, des­in­fi­zie­rend, bak­te­rio­sta­tisch (Kamil­len­tee bei Infek­ti­ons­krank­hei­ten), fun­gi­sta­tisch, ner­ven­stär­kend, zer­tei­lend, erwei­chend, beför­dert äußer­lich auf­ge­legt Eiter bei Geschwü­ren, Rot­lauf und Drüsenproblemen.

Die meis­ten Inhalts­stof­fe fin­den sich in alko­ho­li­schen Aus­zü­gen, in der Tee­form wur­den nur 15% fest­ge­stellt. Das Destil­lat des äthe­ri­schen Öls beinhal­tet Bisabo­lol, das anti­sep­tisch, ulkus­pro­tek­tiv und ulkus­ku­ra­tiv wirkt. Die Fla­vo­no­ide sind v. a. krampf­lö­send, in Tee­form und alko­ho­li­schen Aus­zü­gen errei­chen sie 30 bis 50% der Wir­kung von Papaverin.

Ein­satz­ge­bie­te

Kli­nisch wird die Kamil­le ger­ne bei aku­ter Gas­tri­tis ein­ge­setzt. Dane­ben bei Haut- und Schleim­haut­ent­zün­dun­gen , bak­te­ri­el­len Haut­er­kran­kun­gen, Beschwer­den der Mund­höh­le und des Zahn­fleischs, ent­zünd­li­chen Erkran­kun­gen des Nie­ren-Bla­sen- und Magen-Darm-Trakts, als leich­tes Beru­hi­gungs- und Schlaf­mit­tel, bei rheu­ma­ti­schen, zie­hen­den Glie­der­schmer­zen, auf­ge­reg­ten Ner­ven, Ner­ven­lei­den, Schreck­haf­tig­keit, bei Brust- und Hals­krämp­fen, bei Angst, gestör­ter Ver­dau­ung wegen Zorn, Zahn­schmer­zen nach Essen und Trin­ken, psy­chisch beding­ten Magen­krämp­fen mit Druck aufs Herz, bei kur­zem Atem, lee­rem sau­rem Auf­sto­ßen, bei Übel­keit, Brech­reiz, Span­nung im Unter­leib, bit­te­rem und sau­rem Geschmack im Mund, ner­vö­sem Durch­fall, Bauch­weh bei Kin­dern, rheu­ma­tisch-zie­hend-rei­ßen­den Glie­der­schmer­zen (vor allem in den Gelen­ken, nachts schlech­ter, mit Hit­ze und Durst ver­bun­den), Brust-Hals-Krämp­fen, gestör­ter Ver­dau­ung (wenn Zorn die Ursa­che ist), bei Magen­krämp­fen ver­bun­den mit Druck­ge­fühl im Magen­be­reich aus­strah­lend in den Herz­be­reich, lee­rem, sau­ren Auf­sto­ßen mit Erhö­hung der Schmer­zen oder auch bei Übel­keit, Appe­tit­lo­sig­keit, Koli­ken und Blä­hun­gen mit auf­ge­trie­be­nem Bauch, Mut­ter­blut­flüs­sen, Mut­ter­krämp­fen, schnei­den­den Bauch­schmer­zen, Mens­trua­ti­ons­krämp­fen, schlech­ter Leber, Steinbeschwerden.

Zube­rei­tun­gen

Kamil­len­tee ist ein Heil­tee. Die übli­che Dosie­rung liegt bei 3‑mal täg­lich 1 Tas­se. Als Trop­fen wer­den 20 Trop­fen in ein klei­nes Glas Was­ser emp­foh­len. Sehr beliebt bei Gas­tri­tis ist die Kamil­len­kur. Bäder oder feuch­te Umschlä­ge wer­den bei Wun­den emp­foh­len und Dampf­bä­der bei chro­ni­schem Schnup­fen oder Nebenhöhlenentzündungen.

Kamil­len­roll­kur

2 Tas­sen früh­mor­gens trin­ken und dann jeweils 5 min auf dem Rücken, auf der lin­ken Sei­te, auf dem Bauch und auf der rech­ten Sei­te liegen.

Kamil­len­kur

3‑mal täg­lich 1 Tas­se trin­ken, am bes­ten auf lee­ren Magen mor­gens vor dem Früh­stück, die letz­te Tas­se am Abend vor dem Schla­fen­ge­hen. Bei aku­ten Koli­ken: 2 Tas­sen in kur­zen Abstän­den von 20 bis 30 min nach­ein­an­der trin­ken, zusätz­lich die Roll­kur machen.

Kamil­len­dampf­bad

1 klei­ne Hand­voll Kamil­len­blü­ten mit 1 Liter kochen­dem Was­ser über­gie­ßen, 5 bis 10 min einatmen.

Cha­mo­mil­la wird in der Homöo­pa­thie bei ner­vö­ser Schlaf­lo­sig­keit, Kopf- und Gesichts­neur­al­gi­en, Mus­kel­rheu­ma­tis­mus, Blä­hungs­ko­li­ken, nächt­li­chem Reiz­hus­ten und zer­rüt­te­tem Ner­ven­sys­tem ein­ge­setzt. Beson­ders beliebt sind die Cha­mo­mil­la-Glo­bu­li in der Kin­der­heil­kun­de bei Müt­tern, deren Babys star­ke Koli­ken haben oder bei Bauch­weh von Kin­dern ohne erkenn­ba­re Ursa­che. Ner­vö­se Über­emp­find­lich­keit, Unge­duld, ärger­li­che Gereizt­heit, Schmerz­über­emp­find­lich­keit mit inne­rer Unru­he, Dysmenorrhö.

Ole­um car­mi­na­ti­vum: Kolik-Öl
Olei Cha­mo­mil­lae infu­si 20,0
Olei Carvi
Olei Cumini
Olei Foe­ni­cu­li aa gtt. X
Olei Ment­hae pipe­ri­tae 1,2

Über­set­zung: 20 Tei­le Kamil­len­öl­aus­zug, jeweils 10 Trop­fen äthe­ri­sches Küm­mel­öl, Kreuz­küm­mel­öl und Fen­chel­öl, dazu 1,2 Tei­le äthe­ri­sches Pfefferminzöl.
Inner­lich 15 bis 20 Trop­fen, als Ein­rei­bung für den Bauchbereich
(Aus Fischer und Hart­wich 1903, Band I, S. 717)

Spe­ci­es Bal­ne­orum: Badekräuter
Florum Cha­mo­mil­lae [Kamil­len­blü­ten]
Folio­rum Ment­hae pipe­ri­tae [Pfef­fer­minz­blät­ter]
Folio­rum Sal­viae [Sal­bei­blät­ter]
Folio­rum Ros­ma­ri­ni [Ros­ma­rin]
Her­bae Thy­mi [Thy­mi­an]
(Aus Fischer und Hart­wich 1903, Band I, S. 717)

Kamil­le, römische

Ant­he­mis nobi­lis L.

Korb­blüt­ler

Inhalts­stof­fe und Wir­kung sind ähn­lich der Ech­ten Kamil­le, aber etwas schwä­cher. Die schö­nen Blü­ten­köp­fe sind grö­ßer als die der Ech­ten Kamil­le und wer­den daher oft zum Schö­nen von Tee­mi­schun­gen ver­wen­det oder der Ech­ten Kamil­le bei­gefügt. Dies kann dadurch leicht zu all­er­gi­schen Reak­tio­nen füh­ren, da die Römi­sche Kamil­le das Ses­qui­ter­pen­lak­ton Anthe­co­tu­lid ent­hält, das Reak­tio­nen her­vor­ru­fen kann. Die Römi­sche Kamil­le war auch bekannt unter Bertram­blu­me oder Edler Romey.

Man sam­melt die Blü­ten­köp­fe im Juli und August bei son­ni­gem Wet­ter, trock­net sie schnell und bewahrt sie ver­schlos­sen auf. 4 Tei­le fri­sche Blü­ten erge­ben 1 Teil getrocknete.

zitiert nach: Ange­li­ka Prent­ner: Heil­pflan­zen der Tra­di­tio­nel­len Euro­päi­schen Medi­zin. Wir­kung und Anwen­dung nach häu­fi­gen Indi­ka­tio­nen. Sprin­ger, Hei­del­berg, Ber­lin, 2017.

3 Gedanken zu „Kamil­le heilt und heilt: Rollkur“

  1. das Pro­blem für die meis­ten wird sein, dass die Kamil­le-Roll­kur so viel Zeit braucht. Wer nimmt sich schon 30–40 Minu­ten mor­gens Zeit, um die­se Roll­kur zu machen? Ich habe es mal einer Freun­din emp­foh­len (weil ich auch SEHR gute Erfah­run­gen gemacht habe). Doch die hat mir einen Vogel gezeigt. So lan­ge woll­te sie sich nicht neh­men für ihre Beschwer­den. Tablet­ten ein­wer­fen ist eben beque­mer! Dass sich damit sogar OPs ver­mei­den las­sen, fin­de ich groß­ar­tig und zeigt mir mal wie­der wie wirk­sam natur­heil­kund­li­che Maß­nah­men sind!

  2. Die­se Roll­kur habe ich 5 Wochen frü­her gemacht und damit mein fest­tes Zwölf­fin­ger­darm­ge­schwür ohne OP geheilt. Hilft wirk­lich bei Dei­ner kaput­ten Magen-Darm­schleim­haut! Gute Besserung!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

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