Ab 07.07.2017, also heute, wird Glyphosat in Kalifornien auf die Liste krebserregender Chemikalien gesetzt.
Das teilte das Amt für Umweltgesundheitsgefährdung (OEHHA) schon am 26.06.2017 in einer Bekanntmachung auf ihrer Website mit [1]. Damit hat Monsanto einen wichtigen Rechtsstreit verloren, der das Unternehmen zwingen könnte, zukünftig Warnungen auf die Produktverpackungen kleben zu müssen. Die amerikanische Entscheidung könnte im besten Falle Auswirkungen auf Europa haben: In Europa wird nämlich aktuell um die Bewertung des Herbizids gerungen, dass weltweit das am häufigsten eingesetzt wird. Gerade wegen des häufigen Einsatzes des Herbizids hatte sich das deutsche Unternehmen Bayer entschlossen, Monsanto zu übernehmen. Schießlich will Bayer diesen lukrativen Markt weiter ausbauen und weltweit Gewinne abschöpfen (und die Monokulturen weiter vorantreiben). Auf der Hauptversammlung der Bayer AG im April 2017 sagte der Vorstandsvorsitzende Werner Baumann: „Durch die vereinbarte Übernahme von Monsanto wollen wir Bayer weiter stärken“. [2] Schon alleine wegen der anvisierten Gewinnmargen werden Bayer-Lobbisten mit harten Bandagen um den Einsatz von Glyphosat in Europa kämpfen. Auf dem europäischen Markt ist der Glyphosat-Einsatz von der Europäischen Kommission bis zum Ende 2017 genehmigt worden. Gegenwärtig laufen die Neuverhandlungen für den Einsatz des Herbizids in der EU auf Hochtouren. Die Beurteilung von Glyphosat ist sehr umstritten: Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) würde den Glyphosat-Einsatz wegen Ungefährlichkeit durchwinken. Auch der deutsche Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CDU) setzt sich für das Herbizid ein. Doch die grüne Umweltministerin Barbara Hendricks ist dagegen, auch Sigmar Gabriel sprach sich 2016 als damaliger Wirtschaftsminister noch gegen Glyphosat aus.
Es gibt sehr zu denken, wenn eine amerikanische Behörde Glyphosat als krebserregend einstuft. Die Behörde gibt auf ihrer Website an, die Aufgabe zu haben, „die öffentliche Gesundheit und die Umwelt durch wissenschaftliche Bewertung von Gefahren durch gefährliche Stoffe zu schützen und zu verbessern“. Warum gelangen die Wissenschaftler der EFSA nicht zur gleichen Einschätzung? Warum soll Glyphosat in Europa weniger krebserregend sein? Dabei hat die Behörde die gleiche Aufgabe übernommen, nämlich die Europäer zu schützen. Verschiedene Umweltschutzorganisationen, unter anderem auch der Bund für Natur und Umwelt Deutschland (BUND) werden nicht müde, über die letzten Jahre immer wieder auf die Auswirkungen des Glyphosat auf die Natur aufmerksam zu machen: Fledermäuse, Schmetterlinge, Insekten sterben oder können sich nicht mehr fortpflanzen. Auch die Heil- und Wildpflanzen sind betroffen, sie sterben aus, weil sie keine Lebensgrundlage mehr haben. Die Artenvielfalt in Deutschland wird immer kleiner — zugegeben nicht nur weil Glyphosat verwendet wird. Doch stellt sich die Frage: Wollen wir wirklich Herbizide auf unseren Feldern, die nicht nur Tiere und Pflanzen umbringen, sondern nachweislich beim Menschen Krebs auslösen können? Schön wäre, bei der kommenden Bundestagswahl auch mal an solche Aspekte zu denken und zur Wahl zu gehen.
[2] Pressemitteilung Bayer (Link besteht leider nicht mehr)
Mehr:
BUND-Meldung vom 24. Oktober 2017
Abstimmung in der EU über Glyphosatzulassung: BUND fordert „Nein“ der Bundesregierung
Berlin: Eine Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen Parlamentes sprach sich heute in Straßburg für ein schrittweises Verbot des Totalherbizids Glyphosat bis 2022 aus, einen Tag vor dem beratenden Ausschuss der EU-Mitgliedstaaten. Heike Moldenhauer, Pestizidexpertin des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschlands (BUND), kommentiert:
„Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments haben sich heute als Volksvertreter im besten Sinne erwiesen und Glyphosat eine Galgenfrist gesetzt. Ab 2018 soll ein Verbot für die Anwendung in privaten Gärten und auf öffentlichen Plätzen gelten sowie für das Spritzen von Getreide direkt vor der Ernte. Nach fünf Jahren soll endgültig Schluss sein mit dem Glyphosateinsatz in der EU. Hier hätten wir uns einen ambitionierteren Zeitplan gewünscht, aber angesichts der starken Pestizid-Lobby ist dieses Ergebnis richtungsweisend.
Auch wenn das Votum für die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten nicht bindend ist, so ist es doch ein klares Signal. Glyphosat hat seine gesellschaftliche Akzeptanz verloren. Der chemiegestützte Ackerbau mit seinen Kollateralschäden an Umwelt und menschlicher Gesundheit ist ein Auslaufmodell. Wir fordern die Bundesregierung auf, morgen beim Treffen der Mitgliedstaaten für ein Glyphosatverbot zu stimmen.“
Weitere Informationen:
Pressemitteilung des Europäischen Parlamentes:
http://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20171020IPR86572/meps-demand-glyphosate-phase-out-with-full-ban-by-end-2022